domradio.de: Flüchtlingsgipfel hatten wir ja schon viele, auf vielen verschiedenen Ebenen, bundesweit, EU-weit - jetzt also ein katholischer Flüchtlingsgipfel - was soll der bringen?
Erzbischof Stefan Heße (Hamburgs Erzbischof und Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz): Wir haben alle katholischen Akteure in der Flüchtlingsarbeit hier nach Würzburg eingeladen, um die zusammenzuführen, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv sind. Wir wollen das, was läuft, vernetzen. Wir wollen gucken, was läuft gut, wo gibt es Schwierigkeiten, wo können wir helfen oder wo gibt es vielleicht aus anderen Diözesen Erfahrungen, die weiterhelfen können.
Also zunächst die Leute zusammenführen, die schon längst am Werk sind, um dann mit ihnen zu überlegen, welche Aufgaben stehen uns gemeinsam an oder wie gibt es schon Lösungswege, auf die wir aufsetzen können oder wie gibt es Schwierigkeiten, die wir dann versuchen müssen, gemeinsam aus dem Weg zu räumen.
domradio.de: Sie wollen ein Leitbild der katholischen Flüchtlingshilfe erarbeiten - was schwebt Ihnen da vor, was wird das Herzstück dieses Leitbildes sein?
Erzbischof Heße: Es ist ja so, dass wir in der Bischofskonferenz eine Kommission für Migration haben, eine Arbeitsgruppe, in der das Thema Flucht, Vertreibung schon seit Langem bearbeitet wird. Von daher können wir auf deren Vorarbeit aufsetzen und brauchen jetzt nicht irgendetwas ganz neu zu kreieren, sondern wir können auf viele Leitideen der Flüchtlingsarbeit der katholischen Kirche zurückgreifen. Wir wollen sie noch einmal verdichten und dann sozusagen als Grundlage und als Einführung für den Flüchtlingsgipfel und für die Arbeit voranschicken. Wichtigste Aussage ist für mich: Flüchtlingsarbeit ist nicht etwas, das wir uns aussuchen können. Die Sorge um Menschen auf der Flucht steht schon in der Bibel drin und ist eine Aufgabe, der wir uns als Christen ohne Wenn und Aber stellen müssen. Die heilige Familie war selber auf der Flucht, von daher weiß Jesus selber, was das bedeutet.
domradio.de: Das sind ja ganz grundsätzliche Überlegungen zum Thema Flüchtlinge, aber es soll aber auch um ganz konkrete Dinge gehen bei diesem Flüchtlingsgipfel, haben Sie da ein Beispiel für uns?
Erzbischof Heße: Im zweiten Teil wird es sehr viel konkreter, wir haben zirka zehn Workshops, wo zum Beispiel zur Frage Wohnraum gearbeitet wird: wie schaffen wir es, dass mehr Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, wie können wir mit unseren Siedlungswerken zum Beispiel dafür Sorge tragen, dass auch neue Häuser und Wohnungen errichtet werden? Es geht um die Frage nach der Integration in Bildung, in Arbeit, es geht um den interkulturellen und interreligiösen Dialog, den wir zu Wege bringen müssen, damit sich keine Parallelgesellschaft entwickelt und zu Fragen des Asylrechts.
domradio.de: Angela Merkels "Wir schaffen das" haben Sie erweitert zu einem "Wir schaffen das nur gemeinsam". Wie stellen Sie sich das vor?
Erzbischof Heße: Unser Treffen ist eine Vernetzung, die subsidiär ist und bleibt. Die Arbeit muss vor Ort in den Diözesen und Verbänden laufen. Es ist nicht daran gedacht, dass wir jetzt eine Oberbehörde errichten, die das für ganz Deutschland übernimmt. Das wird gar nicht möglich sein, sondern das muss lokal und regional gelöst werden. Das wichtigste ist, dass wir uns vernetzen, dass wir voneinander profitieren und uns austauschen und gucken, wo gibt es Dinge, wo einer mal vordenkt, damit alle davon profitieren. Ich glaube, wir schaffen das, wir haben in Deutschland sehr sehr gute Voraussetzungen dafür. Jetzt geht es um die Frage, wie geht das konkret, dass wir die großen Herausforderungen vor denen wir stehen, bewältigen können.
domradio.de: Wünschen Sie sich, dass Sie den Gipfel mit einem Papier mit ganz konkreten Handlungsanweisungen beenden können? Ist das geplant?
Erzbischof Heße: Wir werden direkt nach dem Gipfel am Abend noch zusammensitzen und auswerten. Wir müssen wahrscheinlich priorisieren, was das wichtigste und konkreteste ist und dann mit Fachleuten zusammen ans Werk gehen. Ich setze jetzt nicht so sehr auf große Papiere. Wir haben vielleicht in der Kirche auch manchmal zu viel Papiere. Wichtig ist, dass die Arbeit getan wird und dass wir Schritt für Schritt vorankommen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.