Flüchtlingsboot seit einem Jahr in Deutschland

Damals wie heute, ein Zeichen!

Es diente als Flüchtlingsboot, Altar und Mahnmal: Vor genau einem Jahr ließ Kardinal Woelki ein einstiges Fischerboot aus Malta nach Köln bringen. Ein Rückblick.

Autor/in:
Moritz Dege
Das Flüchtlingsboot geht auf Reise / © Boecker (Erzbistum Köln)

"Immer Bunter. Einwanderungsland Deutschland": so lautet der Titel einer Sonderausstellung im Landesmuseum in Hannover, die noch bis zum 6. August zu sehen ist. Rund 800 Objekte bilden die Facetten und Etappen der Einwanderung nach dem Zweiten Weltkrieg ab und erzählen Geschichten aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Die Objekte sind Zeugen der vielfältigen Alltagskulturen und Weltbilder, aber auch der Spannungen und Konflikte im Einwanderungsland Deutschland.

Eines dieser Objekte diente auch schon dem Kölner Erzbischof, Rainer Maria Kardinal Woelki als Altar. Es ist ein Flüchtlingsboot aus Malta. Das sieben Meter lange, simple Holzboot, das fast hundert Flüchtlinge als Schleuserboot genutzt haben, wurde vor einigen Jahren von der maltesischen Armee beschlagnahmt. Das Erzbistum Köln holte das Boot dann nach Köln.

"Alle in einem Boot"

Genau ein Jahr ist es jetzt her, dass der Kölner Erzbischof Woelki die Fronleichnamsmesse mit dem Boot als Altar auf dem Roncalliplatz feierte. Danach stand es bis Ende November als Mahnmal im Kölner Dom. Man wolle den Menschen auf der Flucht deutlich machen, dass Christus sich mit ihnen identifiziere, dass er mit ihnen in einem Boot säße, erklärte der Erzbischof damals."Ich bin mir sicher, dass die direkte, unmittelbare Konfrontation mit dem Schiff helfen kann, zu verstehen, wel­che Not die Menschen an Bord durchlitten haben."

Als Mahnmal für das zehntausendfache Ertrinken im Mittelmeer trat der hölzerne Kahn vom Kölner Dom aus schließlich seine Reise durch die Diözese und das ganze Land an. Unter dem Motto "Alle in einem Boot" wurden Gemeinden, Schulen und andere Einrichtungen eingeladen, das Boot für einige Zeit auf­zunehmen.  "Die Nachfrage war überwältigend. Nicht nur aus katholischen, sondern auch aus evangelischen Gemeinden und sogar staatlichen Schulen kamen Anfragen", sagte Robert Boeker, Chefredakteur der Kölner Kirchenzeitung und Mitorganisator der Aktion, gegenüber domradio.de

Die erste Station des Bootes war die alte Schifferkirche St. Maria Lyskirchen am Kölner Rheinhafen, wo es in der Advents- und Weihnachtszeit 2016/17 als Krippe genutzt wurde. Von dort ging die Reise weiter nach Euskirchen, Solingen und Bergisch Gladbach - immer begleitet von einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm. Bis August dient das Flüchtlingsboot noch im hannoveranischen Landesmuseum als Austellungsstück, bevor es seine Reise Anfang August fortsetzt. Weitere Stationen des Bootes werden unter anderem Leverkusen, Düsseldorf und Neuss sein. Ab November 2018 dann, soll das Flüchtlingsboot fester Bestandteil des Hauses der Geschichte in Bonn werden.

"Es gab auch kritische Stimmen"

Die Reaktionen auf das Flüchtlingsboot waren überwiegend positiv berichten die Verantwortlichen aus den Gemeinden. Benjamin Marx, der in St. Maria Lyskirchen für die Boots-Krippe verantwortlich war, zog im domradio.de-Gespräch ein positives Fazit. Viele Gemeindemitglieder hätten sich Gedanken über die Situation der Flüchtlinge gemacht. "Da sollen 70 Menschen drin gewesen sein? Das ist etwas, was sich keiner vorstellen konnte", erinnert er sich. "Erstaunlich fand ich, dass viele gesagt haben: Auf ein solches Boot geht man nicht, um in Deutschland Sozialhilfe zu erschleichen."

Doch es gab auch kritische Stimmen, berichtet Pfarrer Max Offermann von der Kirchengemeinde St. Martin in Euskirchen. Doch auch er befindet abschließend: "Der größte Teil der Gemeinde, hat die Anwesenheit dieses Bootes sehr befürwortet." Doch nicht nur Gemeindemitgleider waren interessiert. Robert Böker, der die Tour durch die Pfarrgemeinden mit organisiert hat, erinnert er sich, dass auch viele Flüchtlinge in die Kirchen kamen, um sich das Boot anzusehen und ihre eigenen Fluchtgeschichten zu teilen. 


Quelle:
DR