In der Marktstadt Mubi und weiter nördlich im Bundesstaat Adamawa erinnern sie noch immer an die Angriffe der Terrorgruppe Boko Haram: die Ruinen der Kirchen, die 2014 zerstört wurden, als die Miliz die Region besetzte. Es geht um 337 Gotteshäuser. Später griffen die Terroristen auch Moscheen an und rissen im November 2017 und Mai 2018 Dutzende Menschen in den Tod. Für Pastor John Musa, Vorsitzender der Christlichen Vereinigung Nigerias (CAN) im Landkreis Mubi Süd, war das ein einschneidendes Erlebnis.
Einsatz für den Dialog zwischen Christen und Muslimen
"Als Boko Haram noch weit weg war, dachten wir: Es ist ein Kampf zwischen Islam und Christentum. Später haben wir aber verstanden, dass sich sogar Christen der Gruppe angeschlossen haben, genauso wie Muslime." Mit dieser Erkenntnis setzt er sich nun gemeinsam mit Imam Yusuf Yaro, Vorsitzender des muslimischen Rates von Mubi Süd, für den Dialog zwischen Christen und Muslimen in der Stadt ein.
Das ist dringend notwendig. Mubi ist ein wichtiges Wirtschaftszentrum im Nordosten Nigerias und liegt in der Nähe der Grenze zu Kamerun.
Über Mubi heißt es, das Zusammenleben zwischen den Religionen sei stets gut gewesen. Muhammad Abbas, der für den Landkreis Mubi Nord arbeitet, sagt: "Für uns ist es selbstverständlich, dass es in derselben Familie Christen und Muslime gibt. Das war immer so und ist keine Besonderheit."
Als Boko Haram jedoch im Herbst 2014 offenbar ohne nennenswerte Gegenwehr immer weiter in den Süden vorrückte, änderte sich das.
Tausende Menschen flohen in die Provinzhauptstadt Yola sowie nach Kamerun. Als die Binnenflüchtlinge im Jahr darauf zurückkehrten, wussten sie nicht, wer mit der Miliz kollaboriert hatte und wer nicht. Berichten zufolge sind Bewohner in der Region auch von den Terroristen zu einer Zusammenarbeit gezwungen worden. Wer nicht kollaborieren wollte, dem drohte man an, die Familie umzubringen. All das hat Spuren hinterlassen, weshalb John Musa sagt: "Die Beziehung untereinander ist nicht mehr so wie in der Zeit vor Boko Haram."
Werbung für Vertrauen
Einer macht mit besonderem Engagement Werbung für Vertrauen: Imam Yusuf Yaro. Der hochgewachsene Mann besucht Kirchen, trifft sich mit Priestern und ist bereit, ein spontanes Treffen kurz vor das Freitagsgebet zu legen. Der Treffpunkt, das Büro des muslimischen Rates, ist bewusst gewählt. "Für Christen ist es kein Problem mehr, hierher zu kommen", sagt er. Das ist eine neue Entwicklung. In den vergangenen Jahren bevorzugten diese eher neutrale Orte oder die eigene Kirche.
Jetzt sitzt Imam Yaro gemeinsam mit Pastor Musa auf einem Sofa. Hier tauschen sie sich oft über Konferenzen und Aktionen aus. Steht ein Termin an, dann fahren sie oft gemeinsam hin, der muslimische und der christliche Geistliche in einem Auto. Das ist weit mehr als eine praktische Lösung, sondern hat Signalwirkung und wird in der Stadt wahrgenommen. Das gilt auch für Einladungen zu Weihnachten. "Natürlich habe ich diese angenommen", sagt Yaro.
Treffen werden vorwiegend von nichtstaatlichen Organisationen angeboten und vorbereitet. Muhammad Abbas betont zwar, die Regierung fördere den Dialog. In dem gelb gestrichenen Büro heißt es jedoch, dass es die Zivilgesellschaft sei, die die Menschen wieder zusammenbringe und sie über wichtige Themen diskutieren lasse.
Dazu gehören auch Fragen rund um Religion. "Einmal haben wir darüber gesprochen, wie Gewalt in beiden Religionen gesehen wird. Mir ist klar geworden, dass auch der Islam Frieden predigt. Es hat mir sehr geholfen, meine Vorurteile zu überdenken", sagt John Musa und ist sicher: "Die Religion ist sehr missbraucht worden. Hier sind Dinge im Namen der Religion geschehen, die damit gar nichts zu tun haben."