"Haben Türken, die hier wohnen und sogar Staatsbürger sind, das Recht, sich politisch zu organisieren? Ich sage: Ja. Soll der Staat die Religion bestimmen und benutzen? Nein!", so Kardinal Marx im Interview des Magazin "Focus". All das könne nur im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren gelöst werden.
Dazu, dass eine Vielzahl von Moscheen in Deutschland vom deutsch-türkischen Moscheeverband Ditib, der der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstellt ist, finanziert wird, sagte Marx: "Die Ditib ist bis jetzt keine verbotene Organisation. Aber grundsätzlich gilt für mich: Religion sollte unabhängig sein vom Staat."
Der Kardinal begrüße zudem, dass Imame in Deutschland ausgebildet werden sollten. Dies habe er muslimischen Verbänden auch schon gesagt. "Als Kirche wollen wir ja einen Dialog, aber dazu wäre es hilfreich, sich auf muslimischer Seite besser zu organisieren. Das ist im Augenblick eher schwieriger geworden", so Marx.
Spahn: "Integrationsfördernd"
Auch das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn fordert vom Ausland unabhängige Moscheen in Deutschland. "Wenn der Islam Teil Deutschlands sein soll, muss die Finanzierung aus dem Ausland ebenso aufhören wie das Modell der aus dem Ausland entsandten Imame, die kein Wort Deutsch sprechen", sagte Spahn der "Rheinischen Post".
"Wir haben zahlreiche türkische und arabische Moschee-Gemeinden in Deutschland, aber fast keine deutschen. Integration wird nur gelingen, wenn das Gemeindeleben in den Moscheen unabhängig ist vom Einfluss aus dem Ausland", betonte der Gesundheitsminister.
Die Muslime gehörten mit ihrem Glauben zu diesem Land. "Wir sollten konkrete Probleme lösen", forderte Spahn. "Wie kommen wir für die Seelsorge in Gefängnissen und in Krankenhäusern zu in Deutschland ausgebildeten Imamen?" In den Schulen müsse der islamische Religionsunterricht von in Deutschland ausgebildeten Lehrern abgehalten werden.
Beck erneuert Kritik an Ditib
Der frühere Grünen-Abgeordnete und religionspolitische Sprecher Volker Beck erneuerte seine Kritik an der Ditib. "Man muss versuchen, mit Ditib das atmosphärisch maximal einzufrieren, aber man sollte im Dialog bleiben. In der Demokratie ist es immer richtig, den Dialog zu suchen", sagte er im Deutschlandfunk. Er wies jedoch darauf hin, dass man "eben nicht wirklich mit den Personen, mit denen man am Tisch sitzt," redet, sondern faktisch mit Ankara.
Deswegen warne er auch davor, die Ditib zur Religionsgemeinschaft zu erklären. Das wäre zudem "unverantwortlich für die Integration".
Jungen Muslimen, die mit der politischen Indienstnahme der Religion nicht einverstanden seien, würde so jede Chance genommen, "als nächste Generation zu sagen, wir wollen hier unseren Glauben in Deutschland leben, aber mit der Politik der Heimatländer wollen wir eigentlich nichts zu tun haben", so der Lehrbeauftragte am "Centrum für Religionswissenschaftliche Studien" in Bochum.