Warum sind wiederverheiratete Geschiedene in der katholischen Kirche von der Kommunion ausgeschlossen?
Nach katholischer Lehre ist Sex außerhalb der Ehe von Mann und Frau Sünde. Da die erste Ehe aus Sicht der Kirche unauflöslich ist, lebt jemand, der nach einer Scheidung zum zweiten Mal heiratet und mit dem neuen Partner regelmäßig Geschlechtsverkehr hat, in permanentem Ehebruch. Wer nicht bereit ist, darauf in der neuen Verbindung zu verzichten, kann - anders als bei einem Seitensprung - keine sakramentale Vergebung finden, denn das Sakrament der Beichte setzt den Willen voraus, den Weg der Sünde zu verlassen. Es bleibt daher den dauerhaft in Ehebruch Lebenden verwehrt. Folglich sind sie auch nicht zur Kommunion zugelassen.
Warum ist die katholische Kirche in dieser Frage strenger als viele protestantische Kirchen?
Die meisten evangelischen Kirchen sehen die Ehe als ein "weltlich Ding" und nicht als Sakrament. Daher hat sie - anders als in der katholischen Kirche - keine unauslöschlich bindende Wirkung. Die Worte Jesu über die Ehe ("Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen") werden von Protestanten als sittliches Ideal und nicht als Gesetz gedeutet.
Kann der Weg der orthodoxen Kirchen ein Vorbild sein?
Einige orthodoxe Kirchen bieten für Geschiedene nach einem "Weg der Reue" eine zweite oder dritte Eheschließung im kirchlichen Rahmen an.
Anders als die katholische Kirche kennt die Orthodoxie für die Ehe keine klare Sakramentenlehre und kein kirchliches Eherecht. Sie unterscheidet nicht genau zwischen Segnung und Sakrament. In der Praxis wird der "Weg der Reue" von den Betroffenen oft abgekürzt und als kirchliche Erlaubnis für eine neue Ehe umgedeutet. Nur wenige katholische Theologen sehen darin ein Vorbild, das auf die römische Kirche übertragbar wäre.
Ist die nachträgliche Erklärung der Ehenichtigkeit eine Lösung?
Die Ehe ist nach katholischer Lehre nur unter bestimmten Voraussetzungen gültig. Wenn sie etwa unter Zwang geschlossen wird oder der Wille zum Kind fehlt, ist sie ungültig. Zerbricht diese Beziehung später, kann die Kirche im Nachhinein feststellen, dass von Anfang an etwas Wesentliches fehlte. Die Ehe war dann "nichtig", die Ex-Partner sind also frei, erneut zu heiraten. Papst Franziskus hat das Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit stark vereinfacht. In Asien, Afrika und Lateinamerika werden viele Ehen unter familiärem Druck geschlossen, hier ist das Nichtigkeitsverfahren wichtig. Auch in USA, Polen und Italien, wo viele junge, unreife Menschen heiraten, werden später Nichtigkeitsverfahren häufig gesucht. Im deutschsprachigen Raum ist die Nachfrage vergleichsweise gering.
Kann es regional unterschiedliche Lösungen beim Zugang zu den Sakramenten geben?
Die Praxis beim Sakramentenempfang ist uneinheitlich. In vielen Ländern Osteuropas und Südamerikas beichten Katholiken nach einer Sünde, bevor sie die Kommunion empfangen, denn nach katholischer Lehre ist der Kommunionempfang ohne vorherige Sündenvergebung nicht erlaubt. Im deutschsprachigen Raum beichten nur wenige Katholiken, aber fast alle Kirchgänger empfangen die Kommunion. Sie übertreten damit, oft geduldet von den Seelsorgern, die kirchlichen Regeln oder haben eine andere Auffassung von dem, was Sünde ist. Menschen in zweiter Zivilehe werden nicht selten von Priestern zur Kommunion zugelassen, da ihr Zustand nicht als sündhaft empfunden wird. Diese Praxis offiziell zu erlauben, würde nach Meinung der Konservativen die Einheitlichkeit des katholischen Eherechts und der Sakramententheologie aufs Spiel setzen und letztlich die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage stellen.
Wie argumentieren die Befürworter einer Öffnung?
Die Reformer meinen, dass die Kirche Gottes Barmherzigkeit auch den Menschen näherbringen muss, die in einer Ehe gescheitert sind. Die bisherige Anwendung der Lehre finden sie zu rigoros. Sie weisen darauf hin, dass es im Leben immer Zwischenstufen auf dem Weg zur Vollkommenheit gibt, die Kirche in Bezug auf die Sakramente aber nur Schwarz oder Weiß zulasse. Auch erinnern sie daran, dass diese strenge Lehre historisch gewachsen sei und sie sich folglich auch neuen gesellschaftlichen Bedingungen anpassen könne. Gemäßigte Reformer plädieren für Einzelfalllösungen, deren Handhabung im Ermessen des jeweiligen Bischofs stehen sollte.