Nach dem Putschversuch in der Türkei hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen für den Aufstand verantwortlich gemacht. Aus den Freunden wurden in den vergangenen Jahren Feinde.
Was tut die Gülen-Bewegung?
Die von dem türkischen Prediger Fethullah Gülen gegründete Bewegung mit Millionen von Anhängern ist heute in mehr als 170 Ländern verbreitet, sie nennt sich Hizmet (Dienst). Anhänger des Netzwerks betreiben vor allem Bildungseinrichtungen, besitzen Zeitungen und Fernsehsender und haben sich in Unternehmerverbänden zusammengeschlossen. In Deutschland zum Beispiel verantworten der Gülen-Bewegung nahestehende Träger mehr als 300 Kultur- und Bildungsvereine und Nachhilfeangebote, fast 30 Schulen sowie viele Kindertagesstätten.
Was ist das Ziel der Bewegung?
Die Anhänger von Gülen setzen sich "aus einer konventionell konservativ geprägten islamischen Motivation heraus für zeitgemäße säkulare Bildung ein, da sie diesen Weg für eine effektive Mitgestaltung der modernen Welt für am besten geeignet halten", schreibt Friedmann Eißler im Vorwort der im Herbst 2015 veröffentlichten Schrift "Die Gülen Bewegung (Hizmet)" der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Begriffe wie Toleranz, Dialog und Bildung prägen die Kommunikation nach außen. Offen blieben aber Fragen, die die religiös-ideologische Zielsetzung der inneren Kreise der Bewegung beträfen, schreibt der Islam-Referent der Zentralstelle, Eißler. Es existiere eine Spannung zwischen der Kommunikation nach außen und dem streng konservativ-islamischen Diskurs nach innen.
Wieso wurde aus der Freundschaft zwischen Erdogan und Gülen Feindschaft?
Weil das Militär in der Türkei säkular eingestellt ist und auf dem Erbe des Staatsgründers Atatürk besteht, förderte Erdogan nach der Jahrtausendwende die Gülen-Anhänger in Justiz und Polizei, die beiden Männer arbeiteten eng zusammen. Bis 2010 schaffte es Erdogan, die Macht des Militärs zu brechen. Inzwischen äußerte sich Gülen in der fernen USA aber immer weniger türkisch-nationalistisch, er sei in die Rolle eines muslimischen Demokraten geschlüpft, schreibt Seufert. Zum Streit kommt es ab 2010, als Erdogan engeren Kontakt mit den arabischen Staaten sucht und gegen Israel agiert. Im Dezember 2013 schließlich starten Gülen nahestehende Staatsanwälte Ermittlungen wegen Korruption gegen vier Minister. Der Streit entwickelte sich laut Seufert "zum politischen Krieg". (epd/Stand 20.07.16)