DOMRADIO.DE: Wie zufrieden sind Sie bisher mit der Mannschaft?
Pfarrer Eugen Eckert (Stadionpfarrer in Frankfurt am Main): Ich bin erstaunt. Mein Staunen war besonders im Spiel gegen die spanische Frauenmannschaft ausgeprägt. Da war die deutsche Mannschaft ja eigentlich unterlegen, hat aber mit einer tollen Abwehrleistung und natürlich einem dicken Fehler der spanischen Torhüterin vielleicht auch Glück gehabt – aber es war okay.
DOMRADIO.DE: Hat diese Mannschaft jetzt das Zeug, Europameister zu werden?
Eckert: Na ja, da stehen vielleicht die Engländerinnen im Weg. Also wenn die deutsche Mannschaft es schafft, mit so einem Kaliber fertig zu werden, dann ja.
DOMRADIO.DE: Aufmerksamkeit und Berichterstattung sind nicht ganz so groß wie bei einer Männerfußball-WM. Ist das auch Ihr Eindruck?
Eckert: Wenn ich nicht falsch informiert bin, gab es beim Spiel der deutschen Mannschaft gegen Spanien eine Zuschauerbeteiligung von acht Millionen. Das ist ein Marktanteil bei den 30- bis 49-Jährigen von über 30%. Da kann man eigentlich nicht meckern. Klar, es könnte besser sein, aber das ist schon stattlich.
DOMRADIO.DE: Bundeskanzler Scholz hatte auf Twitter ja einen Post abgegeben und "Equal Pay", die gleiche Bezahlung, für die DFB-Frauen gefordert. Finden Sie diese Debatte richtig?
Eckert: Also ich halte im Grundsatz die Debatte für richtig. Ich weiß aber, dass natürlich Geld, das ausgezahlt wird, auch erst mal verdient werden muss. Und da kommt ja das Runterbrechen auf die Vereinsebene. Bei Frauen gibt es ja immer noch Teams, wie Turbine Potsdam, die sich gar keinem Bundesligaverein angeschlossen haben. Also eine gleiche Bezahlung zu erzielen ist, glaube ich, im Augenblick nicht möglich. Was aber richtig ist, ist, dass natürlich Leistung, die erbracht wird, auch gut honoriert wird. Und wenn man weiß, dass früher die Damen für einen Sieg ein Teeservice bekommen haben, dann ist die Summe von 60.000 Euro für einen Sieg bei der Europameisterschaft schon eine andere Hausnummer. Also wir sind auf einem guten Weg, will ich damit sagen.
DOMRADIO.DE: Die Begeisterung für den Frauenfußball scheint also größer zu werden. Warum erst jetzt?
Eckert: Das hat natürlich mit der Geschichte zu tun. Es ist ja erst wenige Jahrzehnte her, dass beim Deutschen Fußballbund der Frauenfußball überhaupt zugelassen worden ist. Man kann eben Prozesse auch nicht von heute auf morgen einfach umschalten und umstellen, sondern das ist eine kontinuierliche Entwicklung, die stattfindet. Und heute finde ich, dass die Frauen auch technisch und athletisch inzwischen sehr gut sind. Das war ja auch nicht immer so, konnte man ja auch nicht erwarten. Alles befindet sich im Fluss und das finde ich gut. Es ist eine nach oben hin offene Entwicklung.
DOMRADIO.DE: Heute müssen sich dann die deutschen Frauen gegen Finnland beweisen. Was glauben Sie, was das für ein Spiel wird?
Eckert: Ich hoffe, dass es keine Unterschätzung des finnischen Teams gibt. Denn wer unterschätzt, der riskiert eine Niederlage. Normalerweise ist das in dieser Gruppe der schwächste Gegner und ich rechne eigentlich mit einem Sieg der deutschen Mannschaft. Das erklärte Ziel war ja, Gruppenerste zu werden, um den Engländerinnen frühzeitig aus dem Weg zu gehen. Das ist ja schon erreicht und deswegen könnte eine Nachlässigkeit kommen. Aber ich glaube, die Bundestrainerin achtet da schon drauf, dass da nicht so eine Larifari-Stimmung entsteht.
Das Interview führte Julia Reck.