Franziskus fordert ökologisch und sozial gerechtere Welt

Das gemeinsame Haus

Papst Franziskus hat in Washington zum Aufbau einer sozial und ökologisch gerechten Welt aufgerufen. Die Menschheit müsse für ihr "gemeinsames Haus" sorgen.

Barack Obama und Papst Franziskus / © Michael Reynolds (dpa)
Barack Obama und Papst Franziskus / © Michael Reynolds ( dpa )

Die US-Bischöfe forderte er zur Unterstützung von Flüchtlingen aus Lateinamerika auf.

Die Menschheit lebe an einem kritischen Zeitpunkt ihrer Geschichte, so der Papst. Franziskus äußerte sich auf dem Rasen des Weißen Hauses, wo er am Mittwoch von Präsident Barack Obama und dessen Frau Michelle zum Auftakt seiner USA-Reise begrüßt wurde. Der Klimawandel dulde keinen Aufschub mehr, Lösungen dürften nicht kommenden Generationen überlassen werden. Noch bleibe die Zeit für den notwendigen Wandel.

Millionen Menschen auf der Welt litten unter einem System, das ihnen keine Beachtung schenke, so der Papst weiter. Die Not dieser Ausgeschlossenen, die nun an die Türen der reichen Gesellschaften pochten, schreie zum Himmel. Die Gesellschaften hätten einen Schuldschein nicht eingelöst, "und es ist jetzt Zeit, dieser Verpflichtung nachzukommen", betonte er mit Verweis auf ein Zitat des Pastors und schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King. Die Amerikaner rief er auf, "das Verwundbare zu schützen" und sich für eine gerechte Entwicklung auf der ganzen Welt einzusetzen.

Er komme als "Sohn einer Einwandererfamilie" in ein Land, das von solchen Familien aufgebaut wurde, und wolle die Hoffnungen und Träume der US-Amerikaner teilen, sagte Franziskus. Die Katholiken engagierten sich in den USA für eine "absolut tolerante" Gesellschaft. Sie ständen für die Rechte des Einzelnen ein und wiesen jede Form von Diskriminierung zurück.

Schatz der religiösen Freiheit

Als "einen der wertvollsten Schätze Amerikas" bezeichnete der Papst die religiöse Freiheit. Sie gelte es gegen jede Bedrohung und Beeinträchtigung zu schützen. Angesichts seines kommenden Besuchs beim katholischen Weltfamilientreffen in Philadelphia, hob er hervor, auch im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familie lebe die Menschheit in einem kritischen Moment. In seiner Rede vor dem US-Kongress am Donnerstag wolle er dazu ermutigen, "die politische Zukunft der Nation in Treue zu ihren Gründungsprinzipien zu gestalten". Franziskus würdigte auch die Bemühungen um eine politische Entspannung zwischen den USA und Kuba. Sie öffneten neue Türen der Versöhnung, Gerechtigkeit und Freiheit.

Präsident Obama dankte dem Papst besonders für dessen Engagement bei der Annäherung zwischen Kuba und den USA. Dieser Beitrag habe einen "unschätzbaren Wert", auch für die Schaffung eines besseren Lebens für die Kubaner. Er dankte Franziskus im Namen aller US-Amerikaner, darunter 70 Millionen Katholiken, für seinen Besuch. Obama würdigte den Beitrag der katholischen Kirche für die Entwicklung des Landes und in der ganzen Welt. In seiner Zeit als Sozialarbeiter in Chicago habe er täglich den großen Einsatz katholischer Gemeinden, Priester und Ordensleute für Arme und Notleidende erlebt.

Nicht nur Worte, sondern auch Taten

Papst Franziskus bezeichnete er als "lebendiges Beispiel der Lehre Jesu". Seine moralische Autorität beruhe nicht nur auf Worten, sondern auf Taten. "Sie erinnern uns daran, dass die 'mächtigste Botschaft des Herrn' die Barmherzigkeit ist". Franziskus verdeutliche, dass das Maß eines Menschen vor Gott nicht von Macht und Reichtum abhänge, sondern vom Einsatz für Arme und Ausgegrenzte gemäß dem Evangelium.

Obama würdigte auch die Appelle des Papstes an die "heilige Pflicht, unseren Planeten zu schützen". Die USA unterstützten Franziskus' Forderung an die Führer der Welt, gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen. Obama betonte weiter das Recht auf Religionsfreiheit, das heute in vielen Regionen der Welt missachtet werde. Besonders Christen seien davon betroffen.

Papst ruft US-Bischöfe zum Engagement für Flüchtlinge auf

Franziskus hat nach seinem Besuch im Weißen Haus vor US-Bischöfen die besondere Verantwortung der Weltmacht USA für die Entwicklungen auf der Erde betont. Mit seinen riesigen materiellen, politischen, technologischen und kulturellen Ressourcen stehe das Land in der Pflicht für die ganze Welt, sagte er in der Kathedrale der Hauptstadt Washington. Die Welt suche nach einem neuen Gleichgewicht des Frieden, des Reichtums und der Integration.

Den Bischöfen legte Franziskus nahe, in ihrem Land zum Wohl der Menschheit den "mächtigen christlichen Gemeinschaftsgeist" zu verbreiten. Vor allem rief er sie zum Engagement für die Flüchtlinge aus Lateinamerika auf. Sie brächten Ressourcen mit, die das Land und die Kirche bereicherten. Der Papst bat sie zudem, weiter entschlossen gegen Unrecht wie Abtreibung, Drogenelend und die Ausbeutung der Natur vorzugehen.

Papst: Bischöfe sind Hirten ihrer Herde

Franziskus erinnerte auch an den Skandal um sexuellen Missbrauch in der US-Kirche. Sie habe sich diesem schwierigen Moment unter großen Opfern und ohne Furcht vor Selbstkritik gestellt, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Er unterstütze die großzügige Entschädigung von Opfern, so der Papst. Insgesamt hatten US-Bistümer rund eine Milliarde Dollar an die Betroffenen gezahlt und waren damit teils an den Rand des finanziellen Ruins geraten. Solche Verbrechen dürften sich niemals wiederholen, forderte Franziskus. 

"Bischöfe müssen sich des Kampfes zwischen Licht und Dunkelheit sehr bewusst sein", sagte der Papst weiter. Er sei aber nicht gekommen, um sie zu belehren, sondern spreche zu ihnen als Bruder unter Brüdern. Als Bischöfe seien sie zuallererst Hirten ihrer Herde, die Gott ihnen anvertraut habe. Dies verlangt Franziskus zufolge nach einer besonderen Nähe und Liebe zu den Menschen. Die Selbstliebe mache den Hirten blind und seine Aktionen fruchtlos.

Papst: Dialog suchen - und nicht harsch sprechen

Die richtige Methode für einen Bischof besteht nach Worten des Papstes stets im Dialog untereinander, mit ihren kirchlichen Mitarbeitern, mit Laien, Familien und der ganzen Gesellschaft. "Harsche und polarisierende Sprache passt nicht zur Zunge eines Hirten; sie hat keinen Platz in seinem Herzen", mahnte das Kirchenoberhaupt. Vielmehr hätten sie die Aufgabe, die katholische Einheit der Kirche in Verbindung mit Rom zu bewahren. Das Kreuz dürfe nicht zum Banner weltlicher Kämpfe werden.

Franziskus appellierte in seiner auf Italienisch gehaltenen Rede an die Bischöfe, bei allen Schwierigkeiten der Verkündigung des Glaubens niemals den Mut zu verlieren. Gott habe seinem Volk die Ewigkeit versprochen; diese Ewigkeit müsse ein Bischof vor seiner Gemeinde ausstrahlen.

 

Quelle:
KNA