Mehr Beteiligung von Frauen an Entscheidungen in der katholischen Kirche ist nach Ansicht einer leitenden Vatikandiplomatin auf gutem Weg, braucht aber noch Zeit und Geduld. Einerseits müsse man bisherigen Klerikalismus vermeiden, "andererseits darf man nicht in eine schlechte Kopie von weiblichem Klerikalismus verfallen", so Francesca Di Giovanni im Interview des Vatikan-Magazins "Donne, Chiesa, Mondo" (März-Ausgabe). Die 67-Jährige ist Untersekretärin im Staatssekretariat und dort für multilaterale Beziehungen des Heiligen Stuhls zuständig.
Schon seit einiger Zeit gebe es Frauen, die im Namen des Heiligen Stuhls Verhandlungen führten oder wegen ihrer spezifischen Expertise dafür angefragt würden, so Di Giovanni. Auf die Frage, ob Frauen besondere Fähigkeiten für Multilateralität besäßen, sagte sie: "Ohne zu verallgemeinern" - könne eine Frau Haltungen besitzen, "um gemeinsame Punkte zu finden, Beziehungen zu pflegen, Wege des Dialogs zu erspüren oder auch zu spüren, wo man eingreifen muss, und um mit Kreativität sowie einer gewissen Hartnäckigkeit Einigkeit zu suchen".
Sie selbst habe in ihrem von Klerikern dominierten Umfeld fast immer offene Ohren gefunden, sagte Di Giovanni. Das könne andernorts im Vatikan sicher anders sein. Die Fähigkeit von Vorgesetzten im Vatikan, Frauen zuzuhören, hängt ihrer Ansicht nach von vielen Faktoren ab. Wichtig sei auf jeden Fall die Ausbildung, die Kollegen erfahren hätten, zumal wenn diese Priester seien.
Die aus Sizilien stammende Di Giovanni steht seit 1993 im Dienst des vatikanischen Staatssekretariats. Arbeitsschwerpunkte in der multilateralen Abteilung sind Migration und Geflüchtete, humanitäres Völkerrecht, internationales Privatrecht, Frauenfragen und Fragen des geistigen Eigentums. Ihr Arbeitsbereich gehört zur Sektion für Außenbeziehungen, die von Erzbischof Paul Richard Gallagher als Sekretär geleitet wird. Die Gesamtleitung des Staatssekretariats hat Kardinal Pietro Parolin. (8.3.21/kna)