Erzbischof Stephan Burger kündigte an, das Bistum werde so schnell wie möglich alle finanziellen Schäden begleichen. "Für jeglichen Schaden, auch persönlichen, steht das Erzbistum ein und niemand anders", betonte Burger am Donnerstag in einem an alle Kirchenmitarbeiter gerichteten Brief. Auch müsse niemand Angst um seinen Arbeitsplatz haben, so der Bischof.
Burger wies darauf hin, dass alle Mitarbeiter der bistumsweit 23 Verrechnungsstellen in dieser Woche "aktualisierte Richtlinien" erhielten. Zugleich kündigte er an, dass die Diözese ab 2018 eine "Vermögensschadensversicherung" abschließen werde. Diese umfasse auch etwaige Dienstpflichtverletzungen von ehrenamtlich Tätigen.
Unregelmäßigkeiten bei Berechnung von Sozialabgaben
Am Mittwoch machte die Erzdiözese öffentlich, dass sie wegen Unregelmäßigkeiten bei der Berechnung von Sozialabgaben ermittelt. Im Raum steht eine Schadenssumme von bis zu 160 Millionen Euro. Möglicherweise sind hunderte geringfügig Beschäftigte betroffen. Die Lohnabrechnung für viele in den Kirchengemeinden tätigen Mitarbeiter übernehmen dezentral die sogenannten Verrechnungsstellen.
Im Folgenden beleuchtet die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) wichtige Aspekte der nun öffentlich gewordenen Unregelmäßigkeiten.
Wie wurden die Fehler bei der Berechnung von Sozialabgaben entdeckt?
Im Mai stießen Prüfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bei der Routinekontrolle einer sogenannten kirchlichen Verrechnungsstelle erstmals auf Auffälligkeiten. Diese bistumsweit 23 Stellen übernehmen für die 224 Seelsorgeeinheiten Verwaltungsaufgaben. Dazu zählen auch die Lohnabrechnungen für geringfügig Beschäftigte der Kirchengemeinden. Möglicherweise wurden hier jahrelang zu geringe Abgaben berechnet. Dies fiel bei vorausgegangenen regelmäßigen Prüfungen nie auf.
Wie reagierte die Bistumsleitung?
Das Freiburger Ordinariat leitete umfassende eigene Prüfungen ein. Inzwischen hat Erzbischof Stephan Burger eine interne "Taskforce" eingerichtet. An der Aufarbeitung beteiligt sind auch Wirtschaftsprüfer. Da es Hinweise auf zahlreiche Unregelmäßigkeiten in vielen Verrechnungsstellen und Seelsorgeeinheiten gibt, hat sich das Bistum von sich aus auch an Finanzbehörden und Staatsanwaltschaft gewandt. Es steht im Raum, dass auch zu wenig Lohnsteuer gezahlt wurde. Die Deutsche Rentenversicherung betont, dass die Aufarbeitung derzeit erst begonnen hat. Die Staatsanwaltschaft Freiburg will die internen Ermittlungen abwarten. Derzeit gebe es keine Hinweise auf vorsätzliche Schädigung der Sozialkassen.
Wie viele Personen sind betroffen?
Eine eindeutige Antwort gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Denkbar ist, dass es um mehr als 1.000 Mitarbeiter geht. Sie arbeiten beispielsweise mit 450-Euro-Jobs als geringfügig Beschäftigte in den Kirchengemeinden - etwa als Sekretärin, Mesner, Gärtner oder Organist.
Gibt es erste Konsequenzen?
Burger hat Diözesanökonom Michael Himmelsbach von seinem Amt entbunden. Die Leitung der Finanzabteilung liegt bereits seit Juni bei Daniel Beck. Denkbar wäre, mittelfristig die Lohnabrechnungen neu zu organisieren. Andere Bistümer setzen stärker auf zentrale Strukturen. Dies wird als notwendig angesehen, weil die gesetzlichen Grundlagen immer komplizierter sind und nur von Experten durchschaut werden.
Wie groß ist der finanzielle Schaden?
Auch hier steht die Aufarbeitung noch am Anfang. Das Bistum geht im schlimmsten Fall von 160 Millionen Euro aus, betont aber, dass diese Summe nach jetzigem Kenntnisstand nicht erreicht werde. Burger sichert allen Betroffenen zu, dass das Bistum finanziellen Schäden übernehme und der einzelne keine Nachteile haben werde.
Gerät die Kirche im Südwesten dadurch in finanzielle Schieflage?
Nein, denn aufgrund der guten konjunkturellen Lage und dem damit verbundenen hohen Kirchensteueraufkommen dürfte das Erzbistum in der Lage sein, Abgaben und Steuern inklusive Zinszahlungen zu tragen. Im Dezember soll der nächste Doppelhaushalt 2018/19 verabschiedet werden. Dabei dürfte es auch um entsprechende Rückstellungen gehen.