Die CDU will vor einer Entscheidung über die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht das Thema im kommenden Jahr noch weiter vertiefen. Das erklärte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer an diesem Donnerstag im Anschluss an ein Werkstattgespräch in der Berliner Parteizentrale. Zunächst sollten die unterschiedlichen Vorschläge genauer ausgearbeitet werden.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt gewünscht
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte einen Parteitagsbeschluss. In der morgigen Freitagsausgabe der "Bild"-Zeitung sagt er: "Viele Bürgerinnen und Bürger spüren: Wir müssen mehr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt tun. Mit den Bürgerrechten kommen eben auch Bürgerpflichten." Der Wegfall von Zivildienst und Wehrpflicht habe eine Lücke hinterlassen, die bisher nicht ausreichend gefüllt worden sei. "Unser Ziel sollte sein, dass möglichst alle jungen Menschen ein Gesellschaftsjahr absolvieren. Ob freiwillig oder per Pflicht, das diskutieren wir nun gründlich und entscheiden es dann auf einem Parteitag."
Diakonie und Caritas äußerten Vorbehalte. FDP und SPD lehnten eine Dienstpflicht ab. Die SPD setze weiter auf Freiwilligkeit und fördere die Freiwilligendienste, sagte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte: "Eine allgemeine Dienstpflicht ist nach unserer festen Überzeugung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und strikt abzulehnen."
Kramp-Karrenbauer für Pflicht
Sollte der Dienst freiwillig sein, stelle sich die Frage, mit welchen Anreizen er gefördert werden könne, und wie hoch die Kosten seien, so Kramp-Karrenbauer. Sie betonte, dass es letztlich um die Bindung des Bürgers an den Staat und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gehe. Sie selbst sei auch deshalb für eine Pflicht, weil dadurch gesellschaftliche Gruppen erreicht werden könnten, die bislang nicht mit dem Thema in Berührung kämen.
Die CDU befasst sich seit längerem mit dem Vorschlag, auch vor dem Hintergrund, dass laut Studien die Bereitschaft schwindet, sich langfristig ehrenamtlich etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr, dem THW oder dem Rotes Kreuz zu engagieren. Der Freiwilligendienst ist auch Thema bei der Erarbeitung des neuen Grundsatzprogramms.
Freiwilligendienst auskömmlich finanzieren
Caritas-Präsident Peter Neher sagte: "Es gibt viele gute Gründe darüber nachzudenken, wie man in unserer Gesellschaft den Zusammenhalt fördern kann und Menschen dazu bringt, sich zu engagieren. Eine Dienstpflicht erscheint uns dafür aber nicht der richtige Weg". Die Caritas mache "sehr gute Erfahrungen mit Freiwilligendienstleistenden - ihre Motivation und ihre Begeisterung sind Kraftquellen für unsere Arbeit", so Neher. "Dass diese Stellen auskömmlich finanziert sind und die Dienstleistenden Anerkennung finden, muss Priorität haben vor Überlegungen zu einem verpflichtenden Dienst."
Nach den Worten von Diakonie-Präsident Ulrich Lilie hält der Wohlfahrtsverband "eine gesellschaftlich-soziale Dienstpflicht weiterhin für die zweitbeste Idee". Stattdessen sollten alle nationalen wie internationalen Formate der Freiwilligendienste gestärkt und attraktiver gemacht werden.