Dieses eine Jahr hat sie stark geprägt: Es ist schon fünf Jahre her, dass die Studentinnen Hannah und Marie-Christine aus Bad Honnef bei Bonn im südafrikanischen Potchefstroom in einem Kinderheim ehemalige Straßenkinder betreut, sich um Aids-Waisen gekümmert und dabei mitgeholfen haben, Häuser für deren Familien zu bauen.
Weit entfernt von Zuhause
Nach dem Abitur ein Jahr lang fast 9.000 Kilometer entfernt von zuhause: Doch der Kulturschock blieb aus. Noch immer treffen sich die Schwestern regelmäßig mit anderen Freiwilligen, halten Kontakt zum Deutsch-Südafrikanischen Jugendwerk, das den Aufenthalt organisierte. Noch immer verfolgen sie Meldungen aus Südafrika mit großer Aufmerksamkeit. "Das bleibt unser Leben lang", ziehen sie Bilanz.
Genau das ist das Ziel des entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes "weltwärts", der vom Entwicklungsministerium unterstützt wird und am kommenden Freitag und Samstag in Berlin sein zehnjähriges Bestehen feiert. "Zehn Jahre Begegnungen, zehn Jahre Miteinander für eine bessere Welt! Eine echte Erfolgsgeschichte", so lobt Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) den Freiwilligendienst. Mehr als 34.000 junge Menschen hätten sich bereits freiwillig für nachhaltige Entwicklung und eine bessere Zukunft in Afrika, Asien, Lateinamerika, Osteuropa oder Ozeanien engagiert. "Sie alle leben das globale Dorf."
Vielfältige Projekte
Von der Landwirtschaft über Gesundheit bis zu Forschung: Die Projekte von "weltwärts" sind vielfältig. Die Freiwilligen aus Deutschland - zuletzt fast 70 Prozent Frauen - unterstützen benachteiligte Jugendliche, erheben Forschungsdaten für den Meeresschutz, fördern in Townships durch Sportprojekte Zusammenhalt und oder packen in Kliniken mit an. Beliebteste Zielländer waren 2017 Indien, Südafrika und Peru. 160 Entsende-Organisationen, darunter auch kirchliche Hilfswerke und Diözesen, arbeiten dazu mit "weltwärts" zusammen.
Seit 2013 gibt es im "weltwärts"-Programm auch eine Süd-Nord-Komponente, mit der junge Menschen aus Entwicklungsländern in Deutschland einen Freiwilligendienst leisten können. Ziel ist es, langfristig einen gleichberechtigten Austausch zwischen Nord und Süd zu fördern. 1.500 Freiwillige haben auf diesem Weg ein Stück Deutschland kennengelernt. Die meisten mit 100 kommen aus Mexiko, an zweiter Stelle folgt Peru mit 84 und an dritter Indien und Tansania mit 79.
Pünktlich zum Jubiläum hat das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) das Programm bewertet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die jungen Menschen hätten sich durch ihren Dienst dauerhaft verändert. "Sie erlangen Wissen über ihr Einsatzland, erwerben dessen Sprache, entwickeln ihre Fähigkeit weiter, sich in die Perspektive von Menschen aus ihrem Einsatzland zu versetzen und gewinnen ihnen gegenüber an Empathie", heißt es. Auch engagierten sie sich nach ihrer Rückkehr stärker für entwicklungspolitische Themen.
Verbesserungsbedarf hinsichtlich des Bildungsabschlusses
Allerdings sieht das Institut auch Verbesserungsbedarf: Bislang nähmen kaum Personen ohne Abitur oder Menschen, die sich nicht der Ober- oder Mittelschicht zuordnen, teil. Auch sollten mehr Teilnehmer mit Migrationshintergrund, einer Behinderung oder mit einem beruflichen Bildungsabschluss gewonnen werden.
"weltwärts" ist der größte in einer ganzen Palette von Freiwilligendiensten. Pro Jahr engagieren sich mehr als 100.000 zum allergrößten Teil junge Menschen zwischen 18 und 26 Jahren im Bundesfreiwilligendienst, den Freiwilligen Sozialen Jahren im Inland oder dem vom Auswärtigen Amt getragenen internationalen Kultur-Freiwilligendienst "kulturweit". Im Zuge der Debatte über einen sozialen Pflichtdienst haben mehrere Politiker kürzlich vorschlagen, lieber die freiwilligen Dienste auszubauen.
Von Anfang an allerdings hat es auch eine kritische Debatte über den Sinn von internationalen Freiwilligendiensten gegeben: Bei "weltwärts" stehe das Ego der Freiwilligen und die Weiterqualifizierung europäischer Jugendlicher aus der Mittel- und Oberschicht im Vordergrund, hieß es. Den Menschen in den Entwicklungsländern bringe das wenig.