DOMRADIO.DE: Seit 38 Jahren holen die Pfadfinder das Friedenslicht aus Bethlehem. Wo genau kommt dieses Licht her?
Anne Segbers (Diözesane Arbeitsgruppe "Spiri" der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg des Diözesanverbandes Köln): Das Licht wird jedes Jahr in der Geburtsgrotte Jesu von einem Kind entzündet, das extra aus Österreich dorthin reist. Ursprünglich ist es eine Aktion des Österreichischen Rundfunks. Dann wird das Licht gut verpackt und nach Österreich geflogen. Von dort aus holen Pfadfinderinnen und Pfadfinder es dann ab und verteilen es in ganz Europa.
DOMRADIO.DE: Durch die aktuelle Lage in Israel und dem ganzen Nahen Osten ist es dieses Jahr schwierig, das Friedenslicht aus Bethlehem zu bekommen. Weshalb wurde sich dagegen entschieden, ins Westjordanland zu reisen?
Segbers: Die AG Friedenslicht hat sich dieses Jahr aufgrund der Sicherheitslage dagegen entschieden, ein Kind das Friedenslicht aus dem Heiligen Land holen zu lassen. Dieses Jahr greifen wir auf ein Licht aus der Wallfahrtskirche in Steyr, in Österreich zurück. Das hat das ganze Jahr über gebrannt. Tatsächlich behüten viele Pfadfinder das Licht das ganze Jahr über, damit sie die ganze Zeit etwas davon haben.
DOMRADIO.DE: Licht oder Frieden wird in der Welt verteilt, und das aus einer Kriegsregion. Das hat eine große Symbolkraft, vor allem in der heutigen Zeit. Was steckt für Sie dahinter?
Segbers: Eine ganze Menge. Ich mache das jetzt schon viele Jahre lang und ich finde es immer toll, wie wichtig dieses kleine Licht für so viele Menschen, Pfadfinderinnen und Pfadfinder ist und wie viele Menschen zu uns in den Dom kommen, um sich das Licht abzuholen.
Das haben wir in der Zeit gemerkt, als wir nicht zusammenkommen durften. Alle haben gesagt: "Aber das Licht kommt doch, oder?" Es kann ja nicht sein, dass man Weihnachten ohne das Friedenslicht feiert. Das fand ich schön. Es zeigt Kindern und Jugendlichen, dass ein kleines Licht einen großen Unterschied machen kann.
Es geht ja nicht immer nur um die großen Kriege, wo Kinder sowieso das Gefühl haben, dass sie da nichts gegen tun können. Dadurch merken sie aber, dass es auch um den Frieden im Kleinen geht, und dass man da sehr viel für machen kann. Das ist es, was wir bei diesen Aussendungsfeiern vermitteln wollen.
DOMRADIO.DE: Was ist die Aufgabe von Pfadfinderinnen und Pfadfindern in dieser Zeit und Gesellschaft und Generation?
Segbers: Pfadfinder und Pfadfinder sehen sich als Friedensbotschafter. Da sind sehr viele motivierte Menschen, die sich für die Gesellschaft einsetzen möchten und die gemeinsam etwas reißen wollen. Das ist, glaube ich, das große Pfund von Pfadfinderinnen und Pfadfindern. Diese Bewegung setzt sich fast überall auf der Welt für eine bessere Gesellschaft ein.
DOMRADIO.DE: Die diesjährige Friedenslicht-Aktion steht unter dem Motto "Vielfalt leben, Zukunft gestalten". Das passt in die Zeit, in der unsere Demokratie infrage gestellt wird und auf wackeligen Beinen steht. Wie wichtig ist Vielfalt?
Segbers: Wir haben das Motto ausgewählt, um deutlich zu machen, dass nicht die Zeit ist, in der wir auf Unterschiede gucken sollten und darauf, was uns trennt, sondern darauf, was wir gemeinsam erreichen können. Was ist uns allen gemeinsam? Da wollen wir drauf schauen. Wo kann es gemeinsam hingehen? Vielfalt ist also sehr wichtig.
DOMRADIO.DE: Das Licht verbindet Menschen vieler Nationen und Religionen miteinander. Wo überall kommt es an?
Segbers: Das Licht wird im Kölner Dom von ganz vielen Stämmen aus dem Erzbistum abgeholt. Sie bringen es in ihre Kirchengemeinden und an Stellen, an denen Frieden besonders nötig ist. Sie bringen es zu Polizeistationen, Feuerwehrwachen, Altenheimen und in Gefängnisse. Das wird weit verteilt.
Ich persönlich werde es in ein Caritas-Altenheim bringen. Jedes Jahr freuen sich die Menschen darauf, das Friedenslicht zu empfangen.
DOMRADIO.DE: Am Freitag fährt eine Delegation vom Ring Deutscher Pfadfinder:innen zur Aussendungsfeier nach Österreich. Am Sonntag kommt das Friedenslicht in die Kirchen und Gemeinden, auch in den Kölner Dom. Wer reist nach Österreich?
Segbers: Eine kleine Gruppe aus dem Erzbistum Köln reist dahin. Es können immer drei Leute aus jedem Bistum dort hinfahren. Es hat sich eine Gruppe aus Langenfeld und Solingen beworben, ganz niedlich mit einem Biberstofftier. Das ist das Mottotier von den jüngsten Kindern bei uns bei den Pfadfindern.
Der Biber hat sich beworben und er hat zum Glück noch ein paar Kinder und einen Erwachsenen gefunden, um zusammen da hinzufahren. Die werden mit dem Zug fahren und uns mit Fotos versorgen. Das ist ja auch sehr aufregend.
Im Kölner Dom wird es dann am Sonntag um die Arche Noah gehen. Die Vielfalt der Tiere war uns ein passendes Thema dazu. Wir fragen uns: Wie lief das eigentlich ab mit dieser Vielfalt? Ist das alles so gut gelaufen auf der engen Arche? Und wie sind die da eigentlich zusammengekommen?
DOMRADIO.DE: Ein süßes Biberkuscheltier ist also auch dabei, um das Friedenslicht abzuholen. Viele andere Tiere sind dann Thema im Kölner Dom, bei der Aussendungsfeier am Sonntag. Und das Kuscheltier hat eine Pfadfinderkluft?
Segbers: Ja genau. Er heißt Herr Keks.
DOMRADIO.DE: Wer kann sich das Friedenslicht im Kölner Dom oder woanders abholen?
Segbers: Es gibt ganz viele Gemeinden, in denen das Friedenslicht brennt. Wo es das gibt, findet man auch auf der Seite www.friedenslicht.de, dort gibt es eine Karte. Und dort darf sich das jeder gerne abholen.
Information der Redaktion: Die Aussendungsfeier aus dem Kölner Dom überträgt DOMRADIO.DE am Sonntag, den 15.12.2024, um 15 Uhr live.
Das Interview führte Katharina Geiger.