DOMRADIO.DE: Die Friedenstaube im Bundestag. Das ist die Kopie einer Friedenstaube, die schon seit Ende Februar durchs Bistum Osnabrück flattert. Wie ist das entstanden?
Mika Springwald (Caritas-Mitarbeiter im Bistum Osnabrück und Street-Art-Künstler): Das war ein Startpunkt, den der Bischof gemacht hat in Osnabrück. Dann ist die Taube quasi durch die Gemeinden gewandert, auf Demonstrationszüge mitgegangen – katholisch und evangelisch – also auch konfessionell übergreifend. Die Menschen wollen irgendwie zeigen, dass sie sich solidarisch fühlen. So können sie es mit einem Symbol zeigen, um direkt zu zeigen, worum es geht. Ein Posting in den sozialen Medien ist ein optimales Zeichen dafür.
DOMRADIO.DE: Wie kommt die Taube im Bistum Osnabrück denn von einem zum anderen?
Springwald: Tatsächlich gibt es eine Stelle, wo sie liegt und dann spricht man miteinander. Sie wird dann einfach abgeholt. Ich glaube, zurzeit ist sie auf einer der Inseln und auch dort im Einsatz. Das geht sehr, wie soll man sagen, ohne große Absprachen. Das wird einfach mal eben gemacht.
DOMRADIO.DE: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Anke Henning hat das gesehen und gefragt, ob sie die Taube nicht auch mal für den Bundestag haben könnte. Jetzt flattert eine Taube auch durchs Regierungsviertel und sammelt Unterschriften. Wie viele sind das denn mittlerweile?
Springwald: 90 Leute haben darauf unterschrieben. Dann war der Platz sozusagen voll, die Taube ist quasi beidseitig gestaltet, auf der einen Seite die ukrainische Flagge und auf der anderen Seite ist sie einfach schwarz-weiß. Dort war dann das Feld zum unterschreiben. Und durch 90 Personen, die wirklich auch versucht haben klein zu unterschreiben, war dann irgendwann der Platz weg.
DOMRADIO.DE: Waren das denn nur Abgeordnete von der SPD oder entwickelte sich das parteiübergreifend?
Springwald: Das waren tatsächlich in dem Falle SPD-Leute, weil wir gucken mussten, dass wir es zeitnah umsetzen. Zu dem Zeitpunkt war auch eine Fraktionssitzung der SPD, wo eben auch die meisten Minister anwesend waren.
DOMRADIO.DE: Sie sammeln nicht nur Unterschriften, sondern auch Geld. Es läuft eine Versteigerung dieser Taube auf der Online-Plattform unitedcharity.de. Bis Donnerstag kann man noch mitsteigern. Bei welcher Summe steht das Ganze?
Springwald: Das ist zurzeit bei 8.050 Euro und wird in 50 Euro Schritten quasi hoch gesteigert. Ich bin gespannt, was der letzte Tag noch so bringt. Ich habe schon mit dieser Zahl nicht gerechnet. Es gab in der Süddeutschen Zeitung sogar einen Zeitungsartikel darüber, weil die Taube quasi einen höheren Ersteigerungswert hat als die Handschuhe von Klitschko. Da gab es einen Headliner sozusagen, der das aufgenommen hat. Aber da ist mir gar nicht die Konkurrenz wichtig. Ich finde gut, wenn beide genug Geld einbringen, um den Menschen zu helfen.
DOMRADIO.DE: Was soll mit dem Erlös passieren?
Springwald: Das ist für einen Caritasverband in Osnabrück. Wir haben seit vielen Jahren eine partnerstädtische Aktion, also der Landkreis Osnabrück nach Masuren. Das ist im Grunde im Grenzgebiet zur Ukraine rüber, wo die ersten Flüchtlinge ankommen und die Erstversorgung sozusagen stattfindet.
DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist das denn für Sie als Künstler, dass Sie das schaffen, mit einem Kunstwerk wirklich etwas zu bewegen? Und ich meine jetzt nicht nur Geld sammeln, sondern vielleicht auch ein Bewusstsein schärfen?
Springwald: Das ist eigentlich die Königsdisziplin sozusagen. Mir ist Kunst nicht wichtig, um etwas Schönes zu schaffen. Das ist ein netter und schöner Nebeneffekt. Ich finde immer viel besser, wenn man Menschen mit einbinden kann, entweder als Betrachter oder gar als Mitmacher. Dann entsteht da etwas, denn ich glaube durch das Machen, Tun und Wahrnehmen, in diesem Fall etwas in die Hand nehmen, entsteht die Bewusstseinsumwandlung. Man setzt sich, glaube ich, viel sensibler mit dem Thema auch danach auseinander.
DOMRADIO.DE: Schicken sie noch ein paar Friedenstauben in die anderen Parteien?
Springwald: Spannenderweise kamen die Anrufe durch andere Bundestagsabgeordnete auch, ja. Sie hätten auch gerne unterschrieben. Und es gab lustigerweise auch am letzten Wochenende in Köln ein Event mit Max Giesinger, die auch gesammelt haben, das ein Music Event. Die hatten tatsächlich vorher gefragt, und denen habe ich tatsächlich auch eine Taube gegeben, sodass auch Max Giesinger und seine Konzertleute, die dort waren und aufgetreten sind, auch eine Taube quasi versteigern werden.
Das Interview führte Hilde Regeniter.