Gemeindereferent über Sinn der Bieraktion in Ostritz

Friedlicher Widerstand gegen rechts

Um Neonazis auf dem Trockenen sitzen zu lassen, kauften Bürger im sächsischen Ostritz die Biervorräte eines Supermarktes auf. Die Aktion war laut Gemeindereferent Kupka nur teilweise erfolgreich, hatte aber Signalwirkung.

Ostritzer kaufen alle Biervorräte auf / © Daniel Schäfer (dpa)
Ostritzer kaufen alle Biervorräte auf / © Daniel Schäfer ( dpa )

DOMRADIO.DE: In Ostritz haben sich Bürger kreativ gegen das rechtsextreme Festival "Schild & Schwert" gewehrt. In einer gemeinsamen Aktion hatten Einwohner und Mitglieder des Internationalen Begegnungszentrums des Klosters Sankt Marienthal sämtliche Biervorräte eines lokalen Supermarktes aufgekauft. Das konnte man in den Zeitungen lesen. Was wollten Sie damit ausdrücken?

Stephan Kupka (Gemeindereferent Ostritz): Die Polizei hatte ja bereits im Vorfeld ein Alkoholverbot ausgesprochen und auch die Vorräte auf dem Festivalgelände konfisziert. Wir wollten dann verhindern, dass sich die Neonazis im örtlichen Supermarkt eindecken und trotzdem auf ihren Alkoholgenuss kommen. Deswegen haben wir dort erst mal alle Regale leergeräumt. Das sollte ein deutliches Zeichen sein, dass wir keine massive Meinungsäußerungen der Nazis dulden und genauso wenig, dass sie sich im Ortsbild breitmachen, trinken oder pöbeln.

DOMRADIO.DE: Ist diese Bierkauf-Aktion gelungen?

Kupka: Es hat insofern funktioniert, dass viele Menschen darauf aufmerksam geworden sind. Allerdings hatte offensichtlich der Markt vorgesorgt und irgendwie die Regale in den nächsten ein bis zwei Stunden wieder füllen können. Die mediale Wirkung war zwar sehr groß, aber der faktische Nutzen ist durch den Markt dann doch negiert worden. Darüber sind wir auch ein wenig enttäuscht.

DOMRADIO.DE: Das heißt, die Konzertbesucher konnten sich dann trotzdem mit Alkohol eindecken?

Kupka: Ja, allerdings muss man auch sagen, dass deren Situation schon erschwert war. Denn wegen des Verbots mussten sie außerhalb Bier kaufen und trinken. Und sind sie zurück zum Festival, sollten sie das auch möglichst nicht allzu angeheitert tun, weil sie sonst gar nicht wieder aufs Festivalgelände gelassen worden wären.

DOMRADIO.DE: Wie ist denn das Konzert insgesamt abgelaufen?

Kupka: Wie das Festival genau abgelaufen ist, dazu haben wir recht wenig mitbekommen, weil wir auf dem Markt unser Friedensfest gestaltet haben. Zudem wurde das rechtsextreme Festival von Polizeikräften stark abgeriegelt. Es muss wohl Konzerte gegeben haben, aber es wurden wohl einige Top-Acts abgesagt. Darunter waren zum Beispiel das Kampfsport-Event und die Tattoo-Convention. Also alles, was für das rechte Wohlbefinden scheinbar nötig ist, war doch stark reduziert.

DOMRADIO.DE: Sie standen also auf dem Markt und haben mit einem Friedensfest dagegengehalten. Es waren dann auch linke Gegendemonstranten angekündigt. Standen Sie zwischen den Fronten?

Kupka: Es war wohl eher so, dass der Marktplatz ein Ruhepol im Ort war. Das war sehr schön. Das bürgerliche Leben hat sich damit stark gezeigt und das gleichzeitig recht unaufgeregt. Die Gegenaktion von den Initiativen "Rechts rockt nicht" und "Leipzig nimmt Platz" hatten eine Kundgebung möglichst nah am Geschehen des Neonazi Festivals geplant. Sie wurden dann von den Versammlungsbehörden auch ein Stückchen weiter wegverwiesen.

Sie haben einen fröhlichen Protest-Protestzug durch den Ort gemacht. Sie haben uns auch beim Friedensfest besucht. Und einer vom Friedensfest-Team hat zum Beginn der Kundgebung einen Redebeitrag gehalten. Es gab ein gutes Miteinander, auch wenn jeder seine eigene Art des Protestes gelebt hat. Wir wollten zeigen, wie gutes Miteinander geht. Wir sind weniger gegen etwas als eigentlich für etwas, wo wir uns als Christen einbringen wollen.

DOMRADIO.DE: Wer trinkt das ganze Bier, was Sie eingekauft haben?

Kupka: Ja, das ist noch nicht ganz klar. Wir überlegen noch, ob das so Stück für Stück vielleicht auch unter den Leuten weiter abgekauft wird. Jeder hat ja ein wenig Bedarf. Eine weitere Überlegung ist, ob es sogar eine Möglichkeit gibt, es zurückzugeben. Es gibt Gespräche mit der Markt-Leitung, der überregionalen Leitung, die aber noch am Laufen sind. Aber da kann ich leider noch nichts Genaues sagen, wohin sich das entwickelt.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Stephan Kupka, Referent der Kirchgemeinde in Ostritz / © Daniel Schäfer (dpa)
Stephan Kupka, Referent der Kirchgemeinde in Ostritz / © Daniel Schäfer ( dpa )
Quelle:
DR