Frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth wird 85

Vorkämpferin auf vielen Ebenen

In ihrer Partei, der CDU, eckte Rita Süssmuth oft an, weil sie andere, in der Regel fortschrittlichere Positionen als andere Spitzenvertreter einnahm. Am Donnerstag wird die Politikerin und Katholikin 85 Jahre alt.

Autor/in:
Birgt Wilke
Rita Süssmuth (dpa)
Rita Süssmuth / ( dpa )

Im vergangenen Jahr gehörte Rita Süssmuth in dem Dokumentarfilm "Die Unbeugsamen" zu den Protagonistinnen. Zusammen mit Politikerinnen wie Christa Nickels von den Grünen und Ursula Männle von der CSU beschrieb die CDU-Politikerin die teilweise sehr chauvinistischen Zustände in der Bonner Republik. Noch immer mischt sie sich auch in aktuelle politische Diskussionen ein, wenn es etwa um die paritätische Vertretung von Männern und Frauen in Parlamenten geht. Am Donnerstag wird die streitbare Politikerin 85 Jahre alt.

Erste Bundesfrauenministerin

Geboren wurde Süssmuth 1937 in Wuppertal. Nach einem Studium der Erziehungswissenschaften wurde sie mit 34 Jahren Professorin. Sie war in den 1970er Jahren Lehrstuhlinhaberin an der Universität Dortmund, zugleich wirkte sie in verschiedenen Gremien des Familienministeriums mit. 1981 trat sie in die CDU ein und wurde unter dem damaligen Kanzler Helmut Kohl 1985 in der Nachfolge Heiner Geißlers Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, ein Jahr später wurde ihr auch noch das Ressort Frauen zugesprochen. So wurde sie Deutschlands erste Bundesfrauenministerin.

In diesem Amt sorgte Süssmuth unter anderem dafür, dass erwerbstätige Frauen Beruf und Familie besser vereinbaren konnten. So verabschiedete der Bundestag auch auf ihre Initiative hin 1985 die Gesetze zum Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub. Außerdem erreichte Süssmuth die Anerkennung von Kindererziehungszeiten (Babyjahr) in der Rentenversicherung sowie eine deutliche Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages.

Positionierung innerhalb der Union

Schnell geriet die Politikerin wegen ihrer liberalen Haltung mit dem konservativen Flügel der Union aneinander. Unmut erregte sie etwa, weil sie sich schon früh dafür aussprach, dass Vergewaltigung in der Ehe zu einem Straftatbestand wurde. Dies wurde dann 1997 umgesetzt.

Überdies stimmte sie einer Reform des Paragrafen 218 zu, die vor rund 30 Jahren zu einer Fristenlösung mit Beratungspflicht führte. Dafür erhielt die Katholikin auch von Bischöfen heftige Kritik. Auch ihr Umgang mit Aids-Kranken sorgte in der Union für Ärger: Während einige Politiker wie Peter Gauweiler (CSU) sich für eine Art Kasernierung der Erkrankten stark machte, setzte Süssmuth auf eine groß angelegte Aufklärungskampagne.

Süssmuth wäre lieber Ministerin geblieben

Ende der 1980er Jahre wurde Süssmuth - als zweite Frau nach der SPD-Politikerin Annemarie Renger - Bundestagspräsidentin - höchst widerwillig, weil sie gerne weiter Ministerin geblieben wäre. Kohl habe die ihm unbequeme Ministerin weggelobt, hieß es damals. Auf dem danach stattfindenden Bremer Parteitag gehörte sie dann zu denen, die Kohl den CDU-Vorsitz streitig machten - und scheiterten. Sie blieb dennoch bis 1998 in dem hohen Amt und verantwortete den Umzug des Parlaments nach Berlin mit, obwohl sie für Bonn als Hauptstadt gestimmt hatte.

Dass sie sich überhaupt für die CDU engagierte, führte Süssmuth auf ihre Sozialisation zurück. Ihre Eltern legten großen Wert auf den katholischen Glauben. So verwundert es nicht, dass sie sich auch in der Kirche engagierte: So leitete Süssmuth die Kommission "Ehe und Familie" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und amtierte von 1980 bis 1985 als Vizepräsidentin des Familienbundes der Katholiken.

Politisches Engagement in Flüchtlingspolitik und Parität

Bis heute engagiert sich Süssmuth weiterhin politisch. So war sie von 2002 bis 2004 Vorsitzende des Sachverständigenrates für Zuwanderung und Integration. In der Flüchtlingsdebatte unterstützte Süssmuth die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Politik müsse aber auch klar machen, "dass wir nicht nur die Flüchtlingsprobleme sehen, sondern die Sorgen aller Menschen", mahnte sie und betonte zugleich, dass Deutschland schon angesichts des demografischen Wandels ein Einwanderungsgesetz brauche.

Zugleich setzt sie sich nach wie vor für mehr Frauen in Führungspositionen ein. Und sie kämpft unermüdlich für eine Parität von Männern und Frauen im Bundestag und in den Landesparlamenten. In den vergangenen Monaten hat sie dazu ihre Position aufgeschrieben und im März erscheint ihr Buch zu dem Thema, Titel: "Parität - jetzt!"

Quelle:
KNA