Früherer Bischof beschuldigt

Missbrauchsverdacht im Bistum Hildesheim

Der frühere und 1988 verstorbene Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen wird des sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Er soll sich über Jahre an einem Jungen vergangen haben.

Heinrich Maria Janssen (KNA)
Heinrich Maria Janssen / ( KNA )

Zum ersten Mal richten sich gegen einen katholischen Bischof in Deutschland Vorwürfe sexuellen Missbrauchs. Der frühere Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen (1907-1988) soll in seinen ersten Amtsjahren Ende der 50er Jahre bis Anfang der 60er Jahre einen Jungen missbraucht haben, wie das Bistum Hildesheim am Freitag mitteilte. Die Diözese halte die Schilderungen des Betroffenen für plausibel.

Bischof Trelle bestürzt

Der amtierende Bischof Norbert Trelle zeigte sich bestürzt. Der Vorgang sei im Frühjahr 2015 an das Bistum herangetragen worden; es habe den Antrag des Mannes auf Anerkennung des Leids an die Deutsche Bischofskonferenz weitergeleitet. Nach Angaben der Diözese erhielt er eine Anerkennungszahlung von 10.000 Euro.

Der Mann, der zum Zeitpunkt des Missbrauchs zwischen 10 und 12 Jahren alt war, hatte laut Trelle den Wunsch geäußert, den Missbrauch strikt vertraulich zu behandeln. Dem sei das Bistum aus Gründen des Opferschutzes zunächst gefolgt. Wegen einer Presseanfrage zu den Vorwürfen sehe sich die Diözese nun jedoch in der Pflicht, die Öffentlichkeit über die Missbrauchs-Anzeige zu informieren.

Laut dem Magazin "Der Spiegel" (Samstag) gab der Betroffene an, dass der Bischof ihn ab dem Alter von zehn Jahren regelmäßig durch Masturbation, Oral- und Analverkehr missbraucht habe. Diese Übergriffe hätten zwischen 1958 und 1963 "unter Ausnutzung der bischöflichen Autorität und Stellung" stattgefunden.

Kritik an "Ablasszahlung"

Der Betroffene kritisiere die ihm gewährte Summe als billige Ablasszahlung und verlange die Entfernung der sterblichen Überreste Janssens aus der Bischofsgruft im Hildesheimer Dom. Auch das Bistum berichtete, dass der Mann weitere Geldforderungen gestellt habe; diesen habe das Bistum aber nicht entsprochen.

Viele Menschen hätten zutiefst betroffen und schockiert reagiert, sagte Bistumssprecher Volker Bauerfeld am Freitagnachmittag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Den Diskussionen werde sich das Bistum stellen; über weitere Konsequenzen könne man derzeit jedoch noch nichts sagen.

Vita

Janssen, am 28. Dezember 1907 in Rindern bei Kleve geboren, war von 1957 bis 1982 Bischof von Hildesheim. 1934 empfing er durch den damaligen Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, die Priesterweihe. Bis zur Vertreibung 1945 war er in der Freien Prälatur Schneidemühl tätig, danach Kaplan bis 1946 in Bronnzell bei Fulda und bis 1949 in Ochtrup. Von 1949 bis 1957 war Janssen als Pfarrer und Dechant am Wallfahrtsort Kevelaer tätig, bevor ihn Papst Pius XII. (1939-1958) zum Bischof von Hildesheim ernannte. Die Bischofsweihe empfing er 1957 vom Paderborner Kardinal Lorenz Jaeger. Janssen starb am 7. Oktober 1988.


Quelle:
KNA