Für eine Stunde kommt Bayern zum Papst nach Castel Gandolfo

Andachtsjodler in den Albaner Bergen

Schlag fünf Uhr war es, als drei Mal der Ehrensalut über die Piazza della Liberta in Castel Gandolfo schallte. 14 Schützen aus Tegernsee von der Gebirgskompanie hatten diesen Part vor dem Eingang der päpstlichen Sommerresidenz übernommen, immerhin ist Benedikt XVI. Ehrenmitglied bei ihnen. "Dabei bin ich seinerzeit nur ein mäßiger Schütze gewesen", wusste der Papst später scherzhaft diese Tatsache zu kommentieren.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

Mit an die 1.000 Gebirgsschützen, Musikanten, Trachtlern und Pilgern, verteilt auf 19 Busse, war das Erzbistum München-Freising an diesem heißen Sommertag von Rom aus zum urlaubenden Papst gekommen. Als all die Trachtler zuerst den öffentlichen Platz und dann den schattigen Innenhof des Castels an dem heißen Sommertag füllten, schien es fast, als ob das Oktoberfest mitten im August stattfindet. Dabei waren sie gekommen, um Benedikt XVI. nachträglich zu seinem 85. Geburtstag eine musikalische Reise durch die Erzdiözese, die von Landshut über München bis Berchtesgaden reicht, zu präsentieren.



"Ein Stück Heimat" hätten sie dem Papst als Geschenk mitgebracht, fasste Marx in seinen Begrüßungsworten das Anliegen zusammen. Und er fügte hinzu: "Wir wissen uns mit ihnen im Gebet verbunden und stehen hinter Ihnen, Heiliger Vater." Worauf ein donnernder Applaus folgte. Geklatscht wurde danach noch öfter, vor allem aber gejuchzt und gejodelt. Den Jodler soll übrigens schon Augustinus geschätzt haben, wie der Theologe Joseph Ratzinger einmal niederschrieb. Den Auftakt beim "Ehrenabend" machte zünftige Blasmusik der Gruppe Rupertiblech und gleich darauf plattelten die Burschen der Gaugruppe Chiemgau Alpenverbund und drehten ihre feschen Dirndln.



Mit aufrechtem Körper und wachen Augen verfolgte ein sichtlich erholter Papst mit seinem Bruder Georg Ratzinger die Darbietungen.

Seinen Platz hatte er in einem bequemen Barock-Polstersessel direkt vor einer überlebensgroßen Statue des heiligen Petrus. Ihm gegenüber saßen mit den Kardinälen Friedrich Wetter und Reinhard Marx, mit Nummer 72 und 73, seine unmittelbaren Nachfolger auf dem Bischofsstuhl des heiligen Korbinian. Die Politik war mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (beide CSU) vertreten.



Freche, flotte Gstanzl

Für Heiterkeit sorge der Auftritt von Walter Vasold aus Freising. Der Tradition des Roiderer Jackls folgend trug er in Mundart freche, flotte Gstanzl vor, bei denen selbst der Papst lachen musste. In Reimform amüsierte er sich darüber, dass Benedikt XVI. dafür bekannt sei, nur Kracherl (Limo) zu trinken, selbst zur Weißwurst, worüber diese beleidigt sei. Auch würde er gerne einmal wissen, was denn mit den ganzen "Hiat" (Hüten) geschehe, die der Papst auf seinen Reisen geschenkt bekomme.



Dass Volksmusik auch eine meditative Seite hat, machte der zweite Teil des Programms deutlich. Da erhoben sich alle Gäste und lauschten dem Haushamer Bergwachtgsang, als die vier Männer innig den "Engel des Herrn" vortrugen. Als unter dem blauen Himmel der Andachtsjodler erklang, war endgültig Bayern für eine Stunde, von 18 bis kurz nach 19 Uhr, nach Italien gekommen. Der Papst bedankte sich gerührt mit einem "Vergelts Gott" bei allen Mitwirkenden: "Ich war richtig dahoam."



Ein Kompliment hatte Benedikt XVI. auch für die charmante Moderatorin Elisabeth Rehm: "Das traue ich mich nicht, so bairisch zu reden und das gleichzeitig so nobel." Auch für den Westfalen Marx gab es für dessen prägnante Bairisch-Kostprobe ein Lob von seinem römischen Chef mit bayerischen Wurzeln. Nach dem Segen rief der Papst die Pilger auf, die Freude, die sie hierhergebracht hätten, wieder mit nach Hause zu bringen. Dann setzte auch schon die Bayernhymne ein, bei der alle mitsangen.