Süd- oder Westseite, bodentiefe Fenster, freier Blick über Wiesen und Felder - noch immer gilt dies als Qualitätsstandard für ein Zimmer in einem Alten- und Pflegeheim. Warum sollte es in einer stationären Einrichtung auch anders sein als auf dem Wohnungsmarkt?
Die zunehmende Hitze in den Sommermonaten der vergangenen Jahre wird jedoch in den Pflegeheimen zu einer echten Herausforderung. Nicht alle stationären Einrichtungen und hier besonders die Zimmer der Bewohnerinnen und Bewohner sind ausreichend vor Hitze geschützt.
Es wird getan, was möglich ist: Pflegekräfte kontrollieren die Trinkmengen, sie lüften nachts und frühmorgens, schließen Rollläden und Vorhänge und legen feuchte Tücher auf. Die Einrichtungen pflanzen schattenspendende Bäume, installieren Wasserspiele für die Verdunstungskälte und passen ihre Speisepläne an.
Doch für einen ausreichenden Schutz der Menschen sind oft umfangreichere und teure Umbau- oder Verschattungsmaßnahmen notwendig. Die sind allerdings meist nicht vom Investitionskostensatz gedeckt. Für den Gesetzgeber sind sie "nice to have", also nicht unbedingt erforderlich und deshalb auch nicht zwingend zu refinanzieren.
Für die Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen hat der Kölner Diözesan-Caritasverband im Sommer 2022 eine kleine Studie auf den Weg gebracht: "Sommerzeit - Hitzefrei" sollte die gefühlte sommerliche Überhitzung in zahlreichen Zimmern für die Bewohnerinnen und Bewohner mit Zahlen belegen. In fast 100 Einrichtungen wurde über einen mehrwöchigen Zeitraum die Temperatur zu festgelegten Zeiten an festgelegten Orten in den Zimmern gemessen. Am Ende stand ein Tages-Mittelwert von 26,9 Grad, bei jeder dritten Messung lag die Temperatur sogar bei 28 Grad oder darüber. Davon gehen klare Gesundheitsgefahren aus.
Mit einfachen Bordmitteln allein - lüften, verschatten, verdunkeln - kann den hohen Temperaturen nicht ausreichend entgegengewirkt werden. Es braucht bauliche Veränderungen und energetische Sanierungen. Die Mehrkosten dafür können nicht von den Bewohnerinnen und Bewohnern oder deren Angehörigen gestemmt werden, hier ist der Gesetzgeber gefordert.
Ein Hitzeschutzfonds von Bund und Ländern für rasche notwendige Nachrüstungen am Gebäude wäre neben einer regulär verbesserten Refinanzierung klimafreundlicher Investitionen eine hilfreiche Antwort. Die Zeit drängt. Das haben die vergangenen Jahre mit ihren Hitzeperioden gezeigt.
Über den Autor: Dr. Frank Johannes Hensel ist gebürtig aus Wuppertal, verheiratet, Vater von vier Kindern, Facharzt für Innere Medizin, Gesundheitswissenschaftler und seit April 2005 Direktor des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln.
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