Gastkommentar zum möglichen Ausfall des Karnevals

"Man wird Karneval nie abschaffen können, weil wir kreativ sind"

Gesundheitsminister Spahn bringt eine Komplettabsage der Karnevalssession 2020/21 ins Gespräch - aus Coronagründen. Der Büttenredner und Katholik Marcus Leitschuh findet: Spahn ist nicht der Böse, sondern das Virus. Ein Gastkommentar.

Marcus Leitschuh als "FulleFischer" / © Leitschuh (privat)
Marcus Leitschuh als "FulleFischer" / © Leitschuh ( privat )

Ich bin Karnevalist durch und durch. Die fünfte Jahreszeit ist wunderbar. Ich trete gerne auf. Ich feiere gerne. Ich schätze das ehrenamtliche Engagement in vielen Karnevalgesellschaften und ich bewundere die Kreativität vieler Aktiven: ob Tänzerinnen und Tänzer, Büttenrednerinnen und Büttenredner, Sängerinnen und Sänger, Elferräte und anderer Aktiver.

Aber wenn wir ehrlich sind, dann wissen wir es doch längst: Mit Virus und ohne Impfung wird es einen Karneval in der bekannten Form in einem Saal oder einer Kneipe, eng an eng bei einem Umzug, intensiv auf einer Bühne, nicht geben können. Das liegt dann nicht an Herrn Spahn, es liegt am Virus. Das wissen wir.

Spahn hat den Mut "Nein" zu sagen

Wir haben nur als Karnevalisten oft nicht den Mut, das jetzt schon zu sagen. Wir schimpfen zwar gerne mal auf Politiker, aber die haben dann halt irgendwann diesen Mut. Ohne Impfung und damit ein Ausschleichen des Virus, wird es nicht möglich sein, im Februar 2021 einen Saal wirtschaftlich zu betreiben, wenn auf Abstand und Besucherzahl geschaut werden muss. Auch das liegt dann nicht an Herrn Spahn, das liegt am Risiko für die Gäste und Aktiven. Das sind oft auch Angehörige einer Risikogruppe. Gerade den alten und verdienten Karnevalistinnen und Karnevalisten möchte ich aber nicht sagen müssen, "Kommt besser nicht."

Wir Karnevalisten wollen es nicht aussprechen, aber Karneval mit Virus wird 2020/21 weder möglich, noch schön sein. Deshalb ist meine Meinung: Seid ehrlich. Macht keine falschen Hoffnungen. Aber: investiert ab jetzt in Formate, die Karneval auch 2020/21 möglich machen. Anders. Man wird Karneval nie abschaffen können, weil wir kreativ sind. Ermöglichen wir Mitgliedern schöne Abend mit Abstand, bieten wir den Jugendlichen andere Formate für Auftritte (Open-Air-Veranstaltungen, online, Videos etc.) und schauen wir mit Leidenschaft auf 2021/2022.

Denkt schon jetzt an den 11.11.21!

Aber vor allen Dingen: Gehen wir jetzt vorbildlich mit dieser Pandemie um. Wer jetzt Mundschutz trägt, wer jetzt auf Nähe verzichtet, der kann sich auf 2021 freuen. Wer das Gegenteil tut, riskiert unsere Gesundheit und den Karneval. Und er riskiert wirtschaftlichen Schaden und damit weniger Geld in den Taschen für den nächsten Karneval. Und wenn wir uns an die Regeln aktuell halten, dann wird es einen schönen 11.11.2021 geben. Mit Impfung und Nähe. Bis dahin feiern wir halt anders. Und ja, ich werde eine Rede für die kommende Session schreiben. Es wird den FulleFischer geben. Zum Nachlesen, als Video und auf neuen Wegen. Weil Karnevalisten eins sind: ideenreich, fantasievoll und lebensfroh. Und deshalb achten wir das Leben. Deshalb: Auf die Ideen, fertig, los. Als Christ glaube ich, mit Gottes Hilfe. Und ganzer menschlicher Kraft, Fantasie und Leidenschaft.

Marcus Leitschuh

Zum Autor: Marcus Leitschuh, alias "Der FulleFischer“ ist Büttenredner der Kasseler Karnevalgesellschaft "Die Pääreschwänze“. In dieser Rolle ist er vor allen Dingen in Nordhessen als politisicher Büttenredner bekannt, u.a. mit jährlichen Auftritten in Sendungen des Hessischen Rundfunks. Leitschuh ist im normalen Leben Religionslehrer und u.a. Mitglied im Zentralkomietee der deutschen Katholiken und Mitglied der Vollversammlung des Synodalen Weges.


Quelle:
DR
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