Das sagte der sich selbst als "Wechselwähler" bezeichnende 79-Jährige am Dienstagabend in Berlin. "Aber das heißt doch nicht, dass ich dann so tue, als würden sie nicht auf der Agenda sein. "(...) Sie sind da." Man müsse ja nicht mit jedem oder jeder reden. Aber es gebe auch bei der AfD Menschen, da lohne es sich. "Und wenn Du nicht mit denen nett reden kannst, dann musst Du mit ihnen heftig streiten."
Wenn man so tue, als sei die AfD nicht da, und wenn man sie keines Argumentes würdige, dann bewege sich in diesem Lager nichts. "Aber wir müssen damit rechnen, dass sich in dem Lager noch eine Menge bewegen kann", sagte Gauck. Er verwies darauf, dass Mitglieder aus der AfD auch wieder ausgetreten seien.
Gauck stellte in Berlin sein im Herder Verlag erschienenes Buch "Toleranz: einfach schwer" vor. Darin plädiert er unter anderem für eine Erweiterung der Toleranz ins rechte Lager hinein. Als er diese These am Wochenende in einem "Spiegel"-Interview aufstellte, löste er eine Kontroverse aus. "Ich will doch mit ihnen streiten. Ich bin doch kein Anhänger der AfD geworden", betonte Gauck jetzt. Die Furcht, mit der Toleranz zu weit zu gehen, wenn man andere politische Auffassungen in den politischen Diskurs einbeziehe, sei nicht nachvollziehbar. "Die Vertreter der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, dieser universellen Werte, müssen sich nicht fürchten, dass ihnen die Argumente ausgehen."
"Die Grenzen sind dort, wo unsere Rechtsordnung und unsere Verfassung mit Füßen getreten werden oder missachtet werden, wo Hass gesät wird und wo Menschen diskriminiert werden", sagte Gauck. Das gelte auch für Zuwanderer mit muslimischer Tradition, die Freiheit - etwa gegenüber Frauen - zulassen müssten. "Die Duldung von Intoleranz im migrantischen Milieu ist keine Toleranz", betonte Gauck. Darauf zu beharren, habe nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun. (dpa, 18.6.19)