Gauck fährt nicht zu Olympischen Winterspielen nach Russland

Präsidialer Boykott

Bundespräsident Gauck wird nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi reisen. Gaucks Sprecherin wies darauf hin, dass es keine feste Regel gebe, dass Bundespräsidenten zu Winterspielen reisten.

Skeptischer Joachim Gauck (dpa)
Skeptischer Joachim Gauck / ( dpa )

Bundespräsident Joachim Gauck wird im Februar nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi reisen. Das hat das Bundespräsidialamt der russischen Regierung mitgeteilt. Eine Sprecherin des Bundespräsidenten bestätigte am Sonntag einen entsprechenden Bericht des "Spiegels". Das Magazin interpretierte den Schritt als Kritik an den Menschenrechtsverletzungen und der Drangsalierung der Opposition in Russland. Gaucks Sprecherin wies darauf hin, dass es keine feste Regel gebe, dass Bundespräsidenten zu Winterspielen reisten. Auch Horst Köhler habe 2010 im kanadischen Vancouver nicht teilgenommen.

Die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics in London 2012 hatte Gauck besucht. Er will auch die deutschen Olympia-Teilnehmer am 24. Februar bei ihrer Rückkehr in München empfangen, wie Gaucks Sprecherin Ferdos Forudastan bestätigte. Der Bundespräsident hat Russland seit seinem Amtsantritt im März 2012 noch keinen offiziellen Besuch abgestattet. Protokollarisch gilt ein Besuch eines Staatsoberhaupts bei einem Ereignis wie Olympia als schwierig, wenn es nicht vorher schon einen ersten offiziellen Staatsbesuch gegeben hat.

Gauck hat aber rechtsstaatliche Defizite in Russland sowie eine Behinderung kritischer Medien bereits mehrmals kritisiert. Ein für Juni 2012 geplantes Treffen mit Gauck ließ Präsident Wladimir Putin platzen, angeblich aus Termingründen.

Lob und Kritik

Die Entscheidung Gaucks hat gemischte Reaktionen hervorgerufen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Schockenhoff, Koordinator für die deutsch-russische gesellschaftliche Zusammenarbeit, begrüßte Gaucks Entscheidung, sprach sich aber gegen einen generellen Boykott aus. "Das ist ein sehr persönliches Bekenntnis, vor dem ich großen Respekt habe", sagte Schockenhoff der "Welt" (Montag) Der Boykott entspreche der konsequenten Haltung des Bundespräsidenten zu Menschenrechtsfragen. Einen generellen Boykottaufruf hält Schockenhoff dennoch für falsch: "Man muss sich fragen, ob man damit nicht auch die Menschen im Land trifft."

Auch der SPD-Bundestagabgeordnete Lars Klingbeil, Vizevorsitzender der deutsch-russischen Parlamentariergruppe, sprach sich gegen einen Boykott aus. "Gaucks Entscheidung ist zu akzeptieren, allerdings hätte ein Besuch der Olympischen Spiele auch eine gute Möglichkeit geboten, um Gespräche mit Reformkräften in Russland zu führen und ihren Anliegen in der politischen Debatte mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen", sagte Klingbeil der "Welt".

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth begrüßte den Entschluss des Bundespräsidenten. "Das ist eine starke Haltung des Bundespräsidenten und ein ermutigendes Signal", sagte die Grünen-Politikerin der "Rheinischen Post" (Montag). Man dürfe einer Politik, die Homophobie zum Gesetz mache und die Opposition unterdrücke, nicht tatenlos zusehen, so Roth.


Quelle:
dpa , KNA