Gedenken an die Olympiaopfer von 1972

Trauer, Wut und Zorn bleiben

Würdevolles Gedenken an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972: In Fürstenfeldbruck wurde nach 40 Jahren daran erinnert, wie es zu den "tragischen Spielen" kam. Auch heute sei er immer noch voller Trauer, Wut und Zorn über das Geschehen, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann bei der Gedenkfeier.

Autor/in:
Dirk Johnen
 (DR)

Bei einer bewegenden Gedenkfeier haben Vertreter aus Politik und Religion am Mittwoch an die Opfer des Münchner Olympia-Attentats von 1972 erinnert. Für die Juden in Deutschland sei das Geiseldrama vor 40 Jahren noch heute präsent und traumatisch, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, bei der Gedenkfeier im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck vor rund 600 Gästen. Auch heute sei er immer noch voller Trauer, Wut und Zorn über das Geschehen. Graumann bezweifelte, dass die Welt viel aus dem Attentat gelernt habe.



Zu der Gedenkfeier und dem ökumenischen Wortgottesdienst mit Beteiligung eines Rabbiners waren prominente Vertreter aus dem In- und Ausland angereist. Erstmals waren zu der Veranstaltung Angehörige der Opferfamilien sowie Überlebende zugleich eingeladen. Während und auch nach dem Gedenkakt wurde mehrfach eine Schweigeminute eingelegt. Zum Schluss wurden außerdem Steine und Blumen niedergelegt. Zuvor hatte eine Kranzniederlegung im Olympischen Dorf stattgefunden.



Seehofer kündigt Gedenkraum an

Für die Opfer des Olympia-Attentats solle ein Gedenkraum eingerichtet werden, kündigte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) an: "Wir können die Wunden nicht heilen, aber wir können versuchen, den Schmerz zu lindern." Als bleibendes Zeichen der Erinnerung solle der Ort des Gedenkens schon bald nahe des Olympiadorfes entstehen, wo die Geiselnahme begonnen hatte. An dem Konzept für die Gedenkstätte seien die Stadt München, die Bundesregierung, die Israelitische Kultusgemeinde und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) beteiligt. Die "Biografien der Mordopfer" sollen dort im Zentrum stehen.



"Ausgerechnet wir, die wir eine besondere Schutzverpflichtung für Israel hatten und haben", konnten die israelischen Sportler nicht schützen, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Das Attentat habe dazu geführt, dass viele Menschen noch enger an der Seite Israels stehen.



Israels Vize-Premierminister Silvan Schalom nannte die Olympischen Spiele 1972 in München "tragische Spiele". Er kritisierte die ablehnende Haltung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), auch 40 Jahre nach dem Terrorakt keine Schweigeminute für die Opfer einzulegen. Umso dankbarer sei er den deutschen Gastgebern und dem deutschen Olympiakomitee: "Deutsche und Israelis vergessen die Vergangenheit nicht und erinnern an den inhumanen Terrorakt", sagte Schalom.



Hinterbliebene verlangen Akteneinsicht

Mehr Offenheit bei der Aufklärung des Attentats forderte die Witwe des ermordeten israelischen Fechttrainers Andre Spitzer, Ankie Spitzer. Sie verlangte vollständige Akteneinsicht sowie die Wiederaufnahme der Ermittlungen. "Wir haben das Recht, zu wissen, welche Kugeln unsere Lieben getötet haben." Auch Spitzer beklagte, dass es bei den diesjährigen Olympischen Spielen in London keine Gedenkminute für die Opfer der Spiele von 1972 gegeben hat.



Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) räumte aus heutiger Sicht Fehler und Versäumnisse der Behörden von damals ein. "Es sind unbestritten Fehler gemacht worden", sagte er. Ein Staatsverschulden könne er allerdings nicht erkennen. Den Terror hätten allein die Attentäter ins olympischen Geschehen getragen.



Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, das Attentat sei kein Anschlag auf Israel und die Juden gewesen: "Es war ein Anschlag auf alle. Auf die olympische Idee, die Vision von Freiheit und Frieden für alle Menschen."



Am 5. September 1972 nahmen Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" elf israelische Athleten im olympischen Dorf in München als Geiseln. Der Befreiungsversuch der deutschen Behörden auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck westlich von München scheiterte. Alle elf Geiseln sowie ein Polizist und fünf Terroristen wurden getötet.