Gedenkstätte für Sternenkinder hilft Eltern zu trauern

Das Tabu brechen

Erst seit 2013 Jahren dürfen "Sternenkinder" auf einem Friedhof begraben werden. Und immer noch ist es für Eltern ein Tabuthema, über Tot- und Fehlgeburten zu sprechen. Eine Initiative in Köln-Immendorf hilft beim Trauern und Gedenken.

Die Gedenkstätte für Sternenkinder in Köln-Immendorf (privat)
Die Gedenkstätte für Sternenkinder in Köln-Immendorf / ( privat )

DOMRADIO.DE: Warum war es Ihnen persönlich wichtig eine Gedenkstätte für Sternenkinder zu schaffen?

Pia Odenhausen, Gemeindereferentin in der Gemeinde Heilige Drei Könige in Köln / © Gerald Mayer (DR)
Pia Odenhausen, Gemeindereferentin in der Gemeinde Heilige Drei Könige in Köln / © Gerald Mayer ( DR )

Pia Odenhausen (Gemeindereferentin in der Gemeinde Heilige Drei Könige Köln): Bevor ich Gemeindereferentin wurde, war ich Krankenschwester und habe einen Geburtsvorbereitungskurs für Paare gegeben. Von diesen Eltern hörte ich immer wieder, dass sie vorher eine Fehl- oder eine Totgeburt hatten. Und ich habe immer gespürt, welche große Trauer diese Paare tragen – besonders auch die Frauen.

Damit die Paare einen Ort der Trauer haben, war es mir ganz wichtig hier in Immendorf eine Grab- und Gedächtnisstätte für Sternenkinder errichten. Selbst Paare, die schon vor langer Zeit eine Fehl- oder Totgeburt hatten, können hier einen Stein ablegen, auf dem dann oft der Name des Kindes oder ein Kosename draufsteht. So können sie ihrem Kind immer wieder nahe sein.

DOMRADIO.DE: Warum ist es für die Eltern wichtig, einen Gedächtnisort zu haben – selbst wenn das Kind nicht dort begraben ist?

Dorothea Haß ist Floristin und Teil des ehrenamtlichen Friedhofsteams / © Gerald Mayer (DR)
Dorothea Haß ist Floristin und Teil des ehrenamtlichen Friedhofsteams / © Gerald Mayer ( DR )

Dorothea Haß (Floristin und Mitglied im Friedhofsteam): Weil es ein Ort der Zuversicht ist und auch der Trauer. Vielleicht haben sie auch die Chance, durch andere gestärkt zu werden, andere dort zu treffen, die das gleiche Schicksal hatten.

Odenhausen: Es ist auch eine Verortung des Kindes, das irgendwann mal anonym beerdigt wurde. Dann hat man trotzdem einen Platz der Nähe und des Trostes.

DOMRADIO.DE: Was möchten Sie den Eltern der Sternenkinder mit der Gedächtnisstätte vermitteln?

Odenhausen: Dass diese Kinder nicht vergessen sind. Sie haben einen Platz an dem man ihrer gedenkt. Und wir wollen zeigen, dass die Eltern auch trauern dürfen. Eine Fehl- oder Totgeburt ist wie eine Wunde, die einfach da ist und immer präsent bleibt. So brennt auf dem Friedhof immer eine Kerze. Es ist nicht so, dass wir vom Friedhofsteam sie anmachen, sondern immer wieder kommt jemand, der hingeht und eine neue Kerze mitbringt. Die Stätte wird von ganz vielen getragen, die selbst trauern, gedenken oder wichtig finden, dass es dafür einen Ort gibt.

Zwei Sterne auf der Gedenkstätte für Sternenkinder in Köln-Immendorf (privat)
Zwei Sterne auf der Gedenkstätte für Sternenkinder in Köln-Immendorf / ( privat )

DOMRADIO.DE: Wenn ich mit Eltern spreche, die schon einmal ein Kind verloren haben, dann empfinden sie das häufig als Tabuthema...

Haß: Das ist es auch. Wir waren immer in der glücklichen Situation, dass unsere Kinder leben konnten. Aber ich glaube es gibt eine neue Offenheit für die Thematik seit es diese Gedenkstätten gibt. Häufig machen die Familien das lieber mit sich selbst aus, weil es in dieser Trauer einfach zu viel ist, eine Beerdigung zu organisieren.

DOMRADIO.DE: Warum ist diese Gedächtnis- und die Begräbnisstätte eine Aufgabe für Sie als katholische Gläubige?

Odenhausen: Weil auch ungeborenes Leben für uns Leben ist. Das ist ein kleiner Mensch, der nicht leben konnte. Und dieser kleine Mensch ist Teil unserer Gemeinschaft. Es ist uns ein Anliegen, die Eltern zu begleiten und ihnen zu sagen: Wir sind bei euch. Wir halten das mit euch aus. Wir sind da und ihr seid ein Teil unserer Gemeinschaft. Und dieser kleine Mensch auch.

Gemeindereferentin Pia Odenhausen

"Das ist ein kleiner Mensch, der nicht leben konnte. Und dieser kleine Mensch ist Teil unserer Gemeinschaft."

DOMRADIO.DE: Wie wirkt sich die Grabstätte auf die Seelsorge vor Ort aus?

Odenhausen: Die Hemmschwelle, uns anzusprechen ist ja ziemlich hoch – gerade, wenn so eine Fehl- oder Totgeburt länger her ist. Wir wollen den Menschen das Gefühl geben, dass es gut ist, wenn sie mit ihrem Anliegen zu uns kommen. Da ist es auch wichtig, dass ein Begräbnis für Sternenkinder hier kein Geld kostet. Damit wollen wir das Tabu brechen und den Eltern die Trauer erleichtern.

Das Interview führte Gerald Mayer.

Quelle:
DR