Die Österreichische Bischofskonferenz hat am Freitag ihre Stellungnahme zum Sterbeverfügungsgesetz veröffentlicht. Darin halten die Bischöfe fest, dass der Gesetzesentwurf viel zu weit gehe und die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) missachte. Durch die vorgeschlagene Regelung der Beihilfe zum Suizid werde Missbrauch und die Beeinflussung vulnerabler Personen nicht verhindert werden können, mahnt die Bischofskonferenz.
Straflosigkeit der Beihilfe
Konkret kritisiert sie, dass die Straflosigkeit der Beihilfe weder an das Vorliegen einer Sterbeverfügung noch an zwölf Wochen Bedenkzeit gebunden ist. Zudem sei die psychische Beihilfe zum Suizid ausnahmslos straflos. Auch werde die Entscheidungsfähigkeit des Betroffenen nicht in jedem Fall verpflichtend von einem Psychologen beurteilt.
Durch diese drei Punkte werde das VfGH-Urteil missachtet, das eine Suizid-Assistenz nur innerhalb enger Grenzen und unter Sicherstellung eines freiwilligen, selbstbestimmten und dauerhaften Entschlusses des entscheidungsfähigen Suizidenten ermöglicht; ohne Einflussnahme Dritter auf dessen Willensbildung und ausschließlich als Ausnahme von einer weiterhin geltenden generellen Strafbarkeit.
"Bezugsschein in der Apotheke"
Das Instrument der Sterbeverfügung wird aus Sicht der Bischöfe mit dem vorliegenden Entwurf auf einen bloßen "Bezugsschein in der Apotheke" reduziert. Strafrechtlich sei nämlich jede andere Form der Beihilfe zu jeder beliebigen Art des Suizids unmittelbar nach der zweiten ärztlichen Aufklärung erlaubt. Damit wären aber weder die Dauerhaftigkeit des Suizidwunsches noch der freie Willen gesichert. Bloß für eine einzige, vom Gesetzgeber vorgezeichnete Suizidvariante, nämlich für den Suizid durch ein tödliches Gift aus der Apotheke, wären hingegen die zwölf Wochen Bedenkzeit und die Errichtung einer Sterbeverfügung erforderlich, kritisiert die Bischofskonferenz.
Sie plädiert daher für die grundsätzliche Beibehaltung der Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid, unter gleichzeitiger Normierung der Ausnahme, wenn eine aufrechte Sterbeverfügung des Suizidenten vorliegt und der Suizid mittels des tödlichen Präparats aus der Apotheke durchgeführt wird. Dies würde den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs Rechnung tragen.
Generelle Straflosigkeit bei psychischer Behilfe
Ein weiterer Kritikpunkt: Da im Strafrecht ausschließlich bestimmte Formen der physischen Beihilfe zum Suizid unter Strafe gestellt werden, folgt daraus im Umkehrschluss, dass mit der neuen Regelung jede Form der psychischen Beihilfe straflos sein wird. Auch diese generelle Straflosigkeit widerspreche aber den Vorgaben des VfGH. Schließlich habe dieser verfügt, dass die freie Willensbildung des Suizidenten zur Selbsttötung von Dritten nicht beeinflusst werden darf.
Zu schwammig ist der Bischofskonferenz zudem die Bestimmung, wonach es verboten ist, sterbewilligen Personen eine Hilfeleistung wegen wirtschaftlicher Vorteile anzubieten. Was unter Aufwandsersatz zu verstehen ist, müsste wesentlich detaillierter bestimmt werden.
Umso mehr begrüßen die Bischöfe den dringend notwendigen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich und appellieren mit Nachdruck an die Verantwortlichen, dessen gesicherte Finanzierung zeitnah sicherzustellen.
Diskurs "Sterben in Würde"
In einer Presseerklärung fügten die Bischöfe hinzu, die Legalisierung der Suizidbeihilfe sei Teil eines schleichenden Kulturbruchs, der sich der Illusion einer totalen "Machbarkeit" des Lebens verschrieben habe. Sie kritisierten eine gefährliche Werteverschiebung, wenn im aktuellen Diskurs von einem "Sterben in Würde" die Rede sei, das scheinbar alternativlos nur durch eine Selbsttötung möglich sein soll.