DOMRADIO.DE: Sie haben die geköpfte Madonna zu Ihnen geholt, mithilfe eines Mitarbeiters und mit dem Wagen eines muslimischen Schützenbruders aus Neuss. Was hat der mit der ganzen Sache zu tun?
Marcel Offermann (Puppendoktor aus Neuss): Das war eine Fügung von glücklichen Umständen, würde ich sagen. Oder ein Beispiel für gelebte oder vollzogene Integration. Der Dombaumeister von Regensburg hatte ja ein bisschen abgewunken bei der Beschädigung. Ich sag mal, da war mein Ehrgeiz herausgefordert. Dann habe ich angekündigt, dass wir die Statue reparieren. Meine beiden Schützenbrüder muslimischen Glaubens haben das natürlich mitbekommen, weil wir ja nicht nur ein Schützenclub sind, sondern vom Prinzip her erstmal ein Freundeskreis.
Die beiden haben sich dann spontan bereit erklärt und gesagt: "Du reparierst kostenlos. Dann steuern wir das Material bei und zahlen die Materialkosten." Der eine Schützenbruder hat auch einen relativ großen Fuhrpark, hat also mehrere Fahrzeuge und er hat sich dann spontan bereit erklärt, den Transport zu übernehmen. Dafür bin ich tatsächlich auch sehr dankbar. Ich habe zwar einen Kombi, aber das Gewicht der Madonna ist doch einiges von knapp 200 Kilo. Das wäre natürlich noch im Bereich der gesetzlich zulässigen Zuladung gewesen. Aber bei den Witterungsbedingungen, die am vergangenen Donnerstag schon in Bayern vorgeherrscht haben, war es dann doch wirklich wesentlich angenehmer, sie mit einem Transporter zu befördern.
DOMRADIO.DE: Am Donnerstag waren Sie in Bayern, um die geköpfte Marienstatue abzuholen. Wie sind Sie denn in Straubing empfangen worden?
Offermann: Mit etwas mehr Auflauf und größerer Aufmerksamkeit als ich eigentlich erwartet habe. Der Monsignore hatte die Pressestelle des Bistums Regensburg mit ins Boot geholt und die hatten ihrerseits natürlich wiederum die Presse informiert, sodass wir dann erst einmal einen großen Pressekaffee abgehalten haben, in einer großen Kaffeetafel, bevor es ans eigentliche Werk, nämlich das Verladen der Madonna ging. Und es hat natürlich in Straubing für sehr viel Aufmerksamkeit gesorgt. Dementsprechend wurden wir auch gut beobachtet, als wir die Madonna aus der Kirche dann in den Wagen verfrachtet haben.
DOMRADIO.DE: Sie haben es gesagt, die beiden muslimischen Schützenbrüder übernehmen die Materialkosten. Wie aufwendig wird die Reparatur denn sein? Können Sie das schon absehen?
Offermann: Wir haben jetzt eine erste Sichtung, wenn man so mag, vorgenommen. Die Madonna trocknet gerade neben dem Ofen, der bollert, bollert und bollert Tag und Nacht, weil die Madonna so unter den typischen Krankheiten leidet, die alle kirchlichen Figuren haben, die in Kircheninnenräumen stehen, wo nämlich bekanntermaßen nicht gut geheizt ist. Dementsprechend ist die Figur auch klamm, wie der Rheinländer sagt. Das heißt, sie ist feucht. Es ist sehr viel gegossenes Material an der Madonna.
Es ist ein sehr großer Empfänger für Feuchtigkeit und ich denke, der Arbeitsaufwand als solches in Stundenzahlen: knappe 130 bis 140 reine Arbeitsstunden. Die Materialkosten, die hier gestiftet werden, werden im Bereich, ich denke mal, zwischen 400 und 500 Euro liegen.
DOMRADIO.DE: Gehen wir nochmal einen Schritt zurück. Konnten Sie die Madonna denn würdig und recht transportieren in dem Transporter des Schützenbruders?
Offermann: Wir mussten ja einen Synergieeffekt schaffen, wenn sie so wollen. Es ging ja nicht nur um den standesgerechten Transport, sondern vor allen Dingen um den sicheren Transport. Zunächst einmal galt es zu verhindern, dass die Madonna im Wagen weiter hin- und herfällt oder rutscht. Auf einer Fahrtstrecke von über 650 Kilometern kann natürlich einiges passieren.
Ich habe mich dann der alten Babykrabbeldecken meiner Kinder bedient, die ich immer noch habe. Ich habe die Madonna gut eingepackt, gut eingewickelt, mit viel Luftpolsterfolie umgeben und wir haben sie dann ja quasi rutsch- und kippsicher hinten auf die Ladefläche gelegt. Dort sind üblicherweise Sitze, weil das ein Kleinbus ist. Da hat sie auch wirklich den Transport unbeschadet überstanden. Den Kopf hatte ich selber im Auto dabei, weil das natürlich das Wichtigste ist. Und dann ist sie tatsächlich heil angekommen. Aber das Gewicht, also sie so zu verladen, das war tatsächlich eine Herausforderung.
DOMRADIO.DE: Jetzt ist die Madonna bei Ihnen in Neuss. Was ist das für ein Gefühl, so eine Marienfigur wieder instand zu setzen? Ist das anders als bei irgendeiner Puppe?
Offermann: Es beginnt mal damit, dass unser Geschäft tatsächlich postalisch am Marienkirchplatz liegt. Das passt natürlich. Und unser Geschäft ist auch noch tatsächlich im Schatten besagter Marienkirche, die dazu noch meine Heimatpartei ist, wo damals Kardinal Woelki noch Kaplan war. Insofern schließt sich da der Kreis. Es ist natürlich etwas anderes: Die Madonna steht hier auch an sehr exponierter Stelle mitten in unserem kleinen Laden. Erst mal noch nicht in der Werkstatt, sondern erst mal hier im Geschäft, damit sie schön warm werden kann.
Jeder, der vorbeigeht und die Geschichte verfolgt hat, guckt rein, wirft einen Blick darauf und möchte natürlich auch den Kopf sehen. Insofern ist es okay. Das ist auch etwas Erhabenes, was wir hier stehen haben, auch von der Größe alleine. Der Rumpf alleine misst knappe 1,60 Meter ohne Kopf und die Hände sind zum Gebet gefaltet. Das ist etwas, was man natürlich nicht alle Tage da hat.
Das Interview führte Hilde Regeniter.