Gemeindereferentin bewundert Gastfreundschaft an Ramadan

"Gemeinsame Suche nach Frieden"

Eine doppelte Fastenzeit: Gerade fällt die vorösterliche Bußzeit mit dem Ramadan zusammen. Das könne auch eine Chance sein, Angehörige einer anderen Religion besser kennenzulernen, sagt die Kölner Gemeindereferentin Marianne Arndt.

Fastenbrechen im islamischen Fastenmonat Ramadan / © dotshock (shutterstock)
Fastenbrechen im islamischen Fastenmonat Ramadan / © dotshock ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie halten Sie das persönlich? Verzichten Sie ganz bewusst in der Fastenzeit auf etwas? 

Marianne Arndt (Gemeindereferentin in Köln): Ja, immer auf Alkohol. Das fällt mir in der Regel nicht schwer. Und ich versuche immer, auf Schokolade zu verzichten. Das ist schon eine Herausforderung für mich. 40 Tage lange und die Sonntage ziehe ich auch durch.

DOMRADIO.DE: Sie haben viel mit muslimischen Geflüchteten. Welche Rolle spielt der Ramadan für diese Menschen? 

Arndt: Also ich habe den Eindruck, in den letzten 30 Jahren hat sich das Bewusstsein verstärkt, den Ramadan hier in Europa und in Deutschland zu gestalten. Viele aus meinem Bekanntenkreis und aus dem Kreis der Geflüchteten halten doch sehr bewusst und deutlich den Ramadan. Auch die Einladungen, zum Fastenbrechen am Abend zu kommen, werden immer mehr. 

DOMRADIO.DE: Was bedeutet es, wenn Sie zum Fastenbrechen auch eingeladen werden? 

Marianne Arndt (Gemeindereferentin in Köln)

"In diesem Jahr läuft unsere Fastenzeit parallel, aber wir kennen dieses Gut eigentlich gar nicht, einander einzuladen. Ich denke, da ist auch bei unserer Religion noch Luft nach oben."

Arndt: Manchmal denke ich mir, wie schön das im Ramadan gehalten wird: das bewusste Fastenbrechen, das Einladen anderer Menschen. In diesem Jahr läuft unsere Fastenzeit parallel, aber wir kennen dieses Gut eigentlich gar nicht, einander da einzuladen. Da ist auch bei unserer Religion noch Luft nach oben. Am Gründonnerstag feiern wir die Einsetzung des Abendmahls, wo Christus sich selbst schenkt. Und ich glaube, Christus schenkt sich allen Menschen, ganz unabhängig welcher Religion, welcher Kultur. Und da habe ich so ein paar Ideen für die Zukunft im Kopf. 

DOMRADIO.DE: Da kommen wir gleich noch drauf zurück. Wenn Sie bei so einem Fastenbrechen dabei sind, wie läuft das dann ab? 

Arndt: Menschen kommen zusammen, manchmal nur Frauen, manchmal Frauen und Männer. In den vergangenen Jahren haben wir es auch oft in der Keupstraße gemacht, mit einem großen Tisch, einmal sogar mit 1500 Menschen! Ein Gebet wurde gesprochen. Und in der Keupstraße wurde ich dann auch eingeladen, einen Gedanken aus dem Christentum zu bringen. Und dann haben alle miteinander gegessen. 

DOMRADIO.DE: Das werden sie dieses Jahr auch wieder machen: Fastenbrechen auf der Keupstraße in Köln-Mülheim. Was bedeutet Ihnen das? 

Arndt: Für mich ist es ein großes Zeichen der gemeinsamen Suche nach Frieden, nach Versöhnung, nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit und nach einem Staat durch den Islam, dies auch wirklich zu tun und zu leben. 

Marianne Arndt (Gemeindereferentin in Köln)

"Für mich ist es ein großes Zeichen der gemeinsamen Suche nach Frieden, nach Versöhnung, nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit."

DOMRADIO.DE: Sprechen Sie auch eine Einladung aus? 

Arndt: Bisher habe ich sie noch nicht ausgesprochen. Wir haben an Weihnachten 1.500 Menschen, also über 600 Familien in den Flüchtlingsunterkünften in Mülheim, Ostheim und Vingst beschenkt und auch die Möglichkeit gegeben, sich was zu Essen zu organisieren. Und das versuchen wir jetzt auch an Ostern, wenn wir genug Geld bekommen mit unserer Initiative Mosaik und mit Flummi der katholischen Kirchengemeinde Vingst und Höhenberg.

Aber das gemeinsame Mahl haben wir noch nicht gemacht. Wir feiern jetzt Gründonnerstag, an vielen Orten wurde früher das Pessach-Mahl gefeiert oder wird heute noch gefeiert, wo man Lamm miteinander isst, die Texte aus dem Alten Testament liest und sich noch mal vergegenwärtigt, wo unsere Wurzeln sind. Aber viel schöner wäre es, eine offene Einladung auszusprechen. 

DOMRADIO.DE: Welche Gedanken nehmen Sie mit in die Karwoche zum Thema Gastfreundschaft und Gemeinschaft? 

Arndt: Das Thema Mahlgemeinschaft müssen wir bei uns im Christentum noch mal ganz anders setzen. Christus hat eingeladen zum Mahl und verschenkt sich selbst. Er verschenkt sich nicht nur an eine kleine elitäre Gruppe, sondern verschenkt sich in die Welt hinein.

Und dies müssen wir anders leben, gerade bei steigenden Kirchenaustrittszahlen, beim steigenden Verfall unserer römisch-katholischen Kirche in Deutschland und insbesondere in Köln. Angesichts dessen müssen wir darüber nachdenken ob das, was Christus am letzten Abendmahl macht, nur für eine kleine Gruppe ist oder ob er sich nicht der Welt verschenkt, um der Welt Frieden, Nahrung und Hoffnung zu bringen.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Islamischer Fastenmonat Ramadan

Für Muslime ist das Fasten, das jeweils im neunten Monat des islamischen Mondjahres stattfindet, eine der fünf Säulen ihrer Religion neben dem Pilgern nach Mekka, den täglichen Gebetszeiten, dem Glaubensbekenntnis zu Allah als einzigem Gott und dem Almosengeben. Auf das Ende des Ramadan folgt das dreitägige Fest des Fastenbrechens, arabisch 'Id al Fitr.

Viele gläubige Muslime verzichten im Fastenmonat Ramadan für vier Wochen tagsüber auf Genussmittel, Essen und Trinken / © Drazen Zigic (shutterstock)
Viele gläubige Muslime verzichten im Fastenmonat Ramadan für vier Wochen tagsüber auf Genussmittel, Essen und Trinken / © Drazen Zigic ( shutterstock )
Quelle:
DR