Die deutschen katholischen Bischöfe haben einen "verbindlichen synodalen Weg" zur Erneuerung und Veränderung der Kirche beschlossen. Themen sollen der "nötige Machtabbau" bei Klerikern, der Zölibat und die Sexualmoral der Kirche sein, sagte Kardinal Reinhard Marx zum Abschluss des Frühjahrstreffens der Bischofskonferenz am Donnerstag in Lingen.
Der ohne Gegenstimmen beschlossene Beratungsprozess werde gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) organisiert und sei für Experten von außen offen.
ZdK begrüßt Entschluss
Das ZdK begrüßte den Entschluss. "Wir stehen bereit, mit den Bischöfen in der Gemeinsamen Konferenz und der Tagung im September dieses Jahres, die Vorbereitung zügig voranzubringen, wenn der Wille zu wirklicher Veränderung erkennbar wird", erklärte Präsident Thomas Sternberg.
Marx betonte, es gehe nicht um einen "deutschen Sonderweg" in der Weltkirche. Am Ende könne ein "Brief nach Rom" mit konkreten Veränderungswünschen stehen. Alle Bischöfe hätten mittlerweile gespürt, "dass es so nicht weitergeht und dass die Gläubigen das nicht mehr mitmachen", sagte der Kardinal.
Anders als beim "Gesprächsprozess" der Jahre 2011 bis 2015 sollen diesmal die heißen Themen wie Zölibat und Sexualmoral nicht ausgeklammert werden. Damals habe man "Ärger mit Rom" vermeiden wollen, betonte Marx: "Die Zeiten sind jetzt vorbei."
Lebensform der Bischöfe und Priester erfordert Änderungen
Die Sexualmoral der Kirche habe entscheidende Erkenntnisse aus der Theologie und den Humanwissenschaften noch nicht aufgenommen, so der Konferenz-Vorsitzende. Die personale Bedeutung der Sexualität finde bislang keine hinreichende Beachtung. Die synodalen Beratungen sollen auch klären, inwieweit der Zölibat immer zum Zeugnis des Priesters gehören müsse. Zugleich bekundete der Kardinal, dass die Bischöfe die Ehelosigkeit der Priester als "Ausdruck der religiösen Bindung an Gott" schätzten und diese Tradition nicht einfach aufgeben wollten.
Klerikaler Machtmissbrauch verrate das Vertrauen von Menschen auf der Suche nach Halt und religiöser Orientierung, führte Marx aus. Was getan werden müsse, um den nötigen Machtabbau zu erreichen, werde der synodale Weg klären. Der Aufbau von kirchlichen Verwaltungsgerichten gehöre dazu.
Offenes Ende des Beratungsprozesses
Der geplante Dialog brauche eine gewisse Ordnung in einem verabredeten Zeitraum und müsse verbindlich verlaufen, sagte der Kardinal. Um umständliche Genehmigungen in Rom zu vermeiden, hätten sich die Bischöfe entschieden, das Ganze im kirchenrechtlich offenen Format des "synodalen Wegs" zu beginnen.
Als ersten Schritt beschlossen die Bischöfe die Einsetzung von drei Vorbereitungsforen. Das Forum zum Thema "Macht" leitet der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, das Forum "Sexualmoral" der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Das Forum "Priesterliche Lebensform" wird vom Münsteraner Bischof Felix Genn moderiert. Sie sollen bereits am 12. und 13. September einen ersten Zwischenbericht geben.
Unterdessen übte die Opferinitiative "Eckige Tisch" Kritik an den Ergebnissen der Frühjahrsvollversammlung. Die Kirche mauere weiter bei der Entschädigung der Opfer, sagte Sprecher Matthias Katsch. Die Missbrauchsopfer würden den synodalen Weg kritisch begleiten. Auch Politik und Gesellschaft seien dabei gefordert.
Kardinal Marx: "Wir haben es verstanden"
Kardinal Reinhard Marx hat den Opfern von sexuellem Missbrauch in der Kirche indes versichert, alles zu tun, um Fälle aufzuklären und den Opfern zu helfen. "Wir werden den von uns eingeschlagenen Weg der Aufarbeitung und Aufklärung konsequent weiter gehen", sagte der Münchner Erzbischof am Donnerstag in Lingen zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe.
An die deutschen Katholiken gewandt sagte Marx, die Bischöfe spürten, wie tief betroffen viele Gläubige von der Missbrauchskrise seien. Die Bischöfe wollten den Weg der Erneuerung und Veränderung weiter gehen.
"Wir sehen und hören Sie. Ihre Kritik, Sorgen, Nöte, Zweifel und Ihre Forderungen. Ich sage Ihnen aufrichtig: Wir haben es verstanden."