Außergewöhnliche Sportarten als Blinde meistern

Gemeinsam geht es!

Surfen, Ski fahren, Showdown und Klettern. Sind diese Hobbys auch für blinde Menschen machbar? Unsere Tagespraktikantin Leni Quinders berichtet, wie sie diese Sportarten kennengelernt hat und mit viel Spaß bewältigt.

In der Kletterwand fühlt sich Leni sicher. (privat)
In der Kletterwand fühlt sich Leni sicher. / ( privat )

An der Wand

Mein erstes sportliches Hobby, das ich ausprobiert habe, ist das Klettern. In meinem Wohnort gibt es eine inklusive Klettergruppe, Menschen mit und ohne Behinderung klettern dort zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Also war ich neugierig und wollte Klettern auch einmal ausprobieren. Bereits beim ersten Mal an der Kletterwand wusste ich, dass dies nun ein Hobby von mir werden sollte. Das Gefühl, wenn man es bis ganz nach oben geschafft und somit sein Ziel erreicht hat, ist und war für mich einfach überwältigend. Auch die Abwechslung, die das Klettern bietet, gefällt mir. Es gibt immer neue Routen, die man ausprobieren kann, man kann sich immer neue Ziele setzen, die man erreichen möchte.

Da ein Team beim Klettern immer aus einem Zweiergespann (dem Kletterer und dem Sicherer) bestehen muss, stellt es für mich gar keine große Schwierigkeit dar. Wenn ich an der Wand hänge, ertaste ich mit meinen Händen und Füßen die Griffe, um zu schauen, wo der nächstbeste Griff zu finden ist. Aber natürlich gibt es auch mal Stellen, an denen ich nicht weiterkomme, weil ich manche Griffe einfach nicht finde. Dann kommt der Sicherer ins Spiel. Er kann mir von unten Anweisungen zurufen, die ich dann nach Möglichkeit befolge. Allerdings ist man beim Klettern eh immer auf gute Kommunikation angewiesen, nicht nur wenn man blind ist. Man muss sich immer genau absprechen: Möchte ich runtergelassen werden? Brauche ich eine Pause? Und natürlich: Ich kann mich ohne Angst fallenlassen.

Auf der Piste 

Vor etwa sechs Jahren bin ich das erste Mal mit Skifahren in Berührung gekommen. Meine Familie war im Skiurlaub und ich wollte es natürlich auch lernen. Aber wie? Am Anfang habe ich ganz langsam begonnen. Mein Lehrer hat mir erklärt, wie ich mich mit den Skiern bewegen muss, wie ich sie beispielsweise zum Bremsen drehen muss, usw. Dann ging es ans Fahren: Mein Lehrer fährt vor bzw. hinter mir. Dabei sind wir mit einem Headset verbunden, sodass er mir immer Anweisungen geben kann, um mich in die richtige Richtung zu lenken. Vor allem bei den ersten Malen bin ich öfter hingefallen. Manchmal funktioniert die Kommunikation aufgrund des Headsets nicht so, wie sie sollte. Und manchmal ist es auch schwer, Dinge zu erklären, ohne sie mit Gestik darzustellen. Aber irgendwann klappte es gut und ich wurde allmählich besser. Am besten beim Ski fahren gefällt mir die Freiheit, die man hat. Natürlich, ich bin auf Unterstützung von meinem Skilehrer angewiesen. Jedoch habe ich aufgrund des Headsets die Möglichkeit, mich frei und manchmal auch schnell zu bewegen, was sonst für mich nicht immer ganz so einfach ist.

An der Platte

Showdown: Viele werden sich jetzt bestimmt erst einmal fragen, was das überhaupt ist? Also vorab eine kurze Erklärung: Showdown gibt es seit den 1960er Jahren und kann von Blinden und von Sehenden gleichermaßen gespielt werden. Egal ob blind oder nicht, jeder Spieler bekommt eine Dunkelbrille, die er aufsetzen muss, damit keiner mehr etwas sieht. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Punkte zu holen, indem man den Ball ins gegnerische Tor schlägt. Showdown ist in etwa mit Tischtennis oder auch Airhockey zu vergleichen, jedoch gibt es auch einige Unterschiede. Man spielt eins gegen eins an einer Platte und es gibt wie beim Tischtennis Sätze, die der Spieler für sich entscheiden muss, um zu gewinnen. Die Platte ist durch Banden begrenzt, da der Ball nicht wie beim Tischtennis durch die Luft fliegt, sondern über die Platte rollt. Außerdem macht der Ball rasselnde Geräusche, damit die Spieler hören können, wo der Ball sich gerade befindet.

Ich hatte schon viel von Showdown gehört und wollte es somit auch einmal selbst ausprobieren. Am Anfang war es noch schwer, auf die Regeln zu achten und die Schläge richtig auszuführen, jedoch ist dafür einfach nur Übung nötig. Irgendwann hatte ich die Möglichkeit, an Turnieren teilzunehmen und somit noch mehr Erfahrungen zu sammeln. Ich finde beim Showdown am besten, dass es einfach nie langweilig wird, da man immer Abwechslung hat. Wenn man beispielsweise an Turnieren teilnimmt, kann man immer gegen neue Leute spielen und immer etwas voneinander lernen und sich verbessern. Außerdem gefällt mir, dass bei dieser Sportart Blinde und Sehende zusammen unter den selben Bedingungen spielen können. So habe ich z.B. die Möglichkeit, mit meinen Freunden gemeinsam zu spielen und meine Freunde können so erfahren, wie es ist, nichts zu sehen und sich nur auf sein Gehör zu verlassen.

In den Wellen

Letztes Jahr habe ich zum ersten Mal Surfen ausprobiert. Ich hätte auch nie gedacht, dass surfen als blinder Mensch möglich ist. Allerdings hat mir mein Showdownverein eine Probestunde geschenkt und darum habe ich es ausprobiert. Und es hat mir wieder einmal direkt gefallen. Dieses Gefühl, das man empfindet, wenn man sich vom Wind angetrieben, schnell auf dem Wasser bewegt, ist einfach unbeschreiblich und darum war ich direkt fasziniert vom Surfen. Aber hier stellt sich wieder einmal die Frage, wie das funktionieren kann. Ähnlich wie beim Skifahren fährt mein Surflehrer neben mir her, um mir Anweisungen zu geben und um mich zu lenken. Als ich die Begriffe, die beim Surfen wichtig sind, kannte, klappte es auch immer und immer besser. Aber wie bei all meinen Hobbys war es natürlich nicht beim ersten Mal perfekt. Natürlich falle ich auch mal ins Wasser. Ähnlich wie beim Skifahren gefällt mir auch hier dieses Gefühl von Freiheit, auch wenn ich beim Surfen ebenfalls auf Unterstützung angewiesen bin.

An der Wand, auf der Piste, an der Platte und in den Wellen: Gemeinsam geht es!

Viele fragen mich, wie ich mir sicher sein kann, dass derjenige der mich unterstützt, auch alles richtig macht. Da kann ich jedem einen Tipp geben: Vertrauen haben. Natürlich muss ich als blinder Mensch ganz besonders Vertrauen in meine Mitmenschen haben, nicht nur bei meinen Hobbys. Aber auch für sehende Menschen ist Vertrauen wichtig, auch der sehede Kletterer muss sich auf die Fähigkeiten und Aufmerksamkeit des Sicheres vertrauen. Die Antwort lautet also: Das Wichtigste ist Vertrauen, aber auch Selbstbewusstsein, Neugierde, Ausdauer und etwas Mut ...

Hinweis der Redaktion: Leni Quinders ist 14 Jahre alt, geht in die 9. Klasse des Gymnasiums und hat ein Praktikum gemacht bei DOMRADIO.DE. Betreut wurde sie von Nina Odenius, der ersten blinden Volontärin bei DOMRADIO.DE.


Auch Liften ist kein Problem für Leni. (privat)
Auch Liften ist kein Problem für Leni. / ( privat )

In der Kletterwand fühlt sich Leni sicher. (privat)
In der Kletterwand fühlt sich Leni sicher. / ( privat )

Auf dem Surfbrett spürt Leni große Freiheit. (privat)
Auf dem Surfbrett spürt Leni große Freiheit. / ( privat )

Der Trainer ist immer dabei. (privat)
Der Trainer ist immer dabei. / ( privat )

Beim Showdown sind Sehende nicht im Vorteil. (privat)
Beim Showdown sind Sehende nicht im Vorteil. / ( privat )
Quelle:
DR