Geplante Klosterstadt soll Touristen anlocken

Bauen wie im Mittelalter

Geht es nach Bert Geurten, legt er in den kommenden Monaten den Grundstein für ein zwölf Jahrhunderte altes Bauprojekt: Ein von Mönchen im neunten Jahrhundert gezeichneter Entwurf einer mehrere Hektar großen Klosterstadt soll Grundlage eines einmaligen Bau-, Tourismus- und Forschungsprojekts im oberschwäbischen Meßkirch werden.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Noch ist allerdings unklar, ob diese Vision, den sogenannten Sankt Galler Klosterplan mit den Arbeitsmethoden und Werkzeugen des Mittelalters zu verwirklichen, wirklich umgesetzt wird. Noch gibt es keine solide Finanzierung, und trotz überwiegender Unterstützung der Meßkircher Bürger löst das Mammutprojekt bei manchem auch Skepsis aus.



Ende Januar will Geurten als Vorsitzender des Vereins "Karolingische Klosterstadt" die Meßkircher Bürger vollends für seine Idee gewinnen. "Wir wollen dann schon einmal in die Welt des neunten Jahrhunderts eintauchen", verspricht er mit Blick auf die geplante Präsentation mit historischen Kostümen und Werkzeugen. Sogar mittelalterliches Essen soll es geben. "Wir kochen Pastinaken - das waren die Pommes des Mittelalters."



Hinter historischen Kostümen und Mittelalterromantik verbirgt sich ein ehrgeiziger Businessplan. Denn durch die Mittelalterbaustelle sollen jährlich Hunderttausende Besucher in die strukturschwache Region nördlich des Bodensees gelockt werden. Vorbild ist ein ähnliches, vor 13 Jahren gestartetes Burgbauprojekt im französischen Guedelon. Die dortigen Arbeiten finanzieren sich vollständig durch die Besuchereintritte.



Bevor dies auch in Oberschwaben funktionieren kann, hofft Geurten auf eine Anschubfinanzierung der Stadt Meßkirch. Bürgermeister Arne Zwick zeigt sich optimistisch: "Derzeit laufen Förderanträge an EU und Land. Wenn wir von dort Mittel erhalten, können wir dieses faszinierende Projekt stemmen. Allerdings ist auch klar, dass sich die Mittelalterbaustelle sehr rasch selbst tragen muss. Wir werden da nicht jahrelang zuschießen können." Zwick ist überzeugt, dass der Klosterplan zum Touristenmagnet wird. Den Vorwurf eines kommerziellen Mittelalter-Disneylands, das nicht nach Oberschwaben passe, weist er zurück.



Die Grundlage des Bauprojekts bildet ein faszinierendes mittelalterliches Dokument: der Sankt Galler Klosterplan. Entstanden in den Schreibstuben der Mönche der Bodenseeinsel Reichenau, setzt sich die heute in der Schweiz aufbewahrte Zeichnung aus fünf zusammengenähten Pergamentteilen zusammen. Auf 112 mal 77 Zentimetern entwarfen die Mönche vor 1.200 Jahren ihre Vorstellung eines idealtypischen Klosters. Als filigrane Grundrisszeichnungen sind eine Kathedrale für 2.000 Besucher, Mönchszellen, Wirtschaftsgebäude, aber auch Gartenanlagen und der Friedhof der Klosterstadt eingetragen.



Eins zu eins umgesetzt wurde die Detailzeichnung nie, vielleicht, so vermutet die Wissenschaft heute, war das auch nie geplant. Vielmehr sei der Klosterplan als Meditation einer idealen frühmittelalterlichen Mönchsgemeinschaft gezeichnet worden. Ob der Ausmaße - die Klosterstadt soll 12 Hektar groß werden - und der zeitlichen Dauer - Initiator Geurten rechnet mit einer Bauzeit von

40 Jahren, kommen dem katholischen Pfarrer von Meßkirch, Karl-Michael Klotz, Bedenken. "Wichtig ist mir klarzustellen, dass es keineswegs um ein religiöses, sondern um ein rein kommerzielles Projekt geht. Wer im Bodenseeraum Klöster erleben will, hat dazu auch ohne diesen Neubau schon reichlich Gelegenheit."



Im Stadtrat zeichnet sich eine deutliche Mehrheit für die Umsetzung des Plans ab. Zuvor müssen allerdings noch mehrere Landwirte überzeugt werden, ihre Wiesen für das Projekt zu verkaufen. Die ersten Handwerker haben sich für die Zeitreise ins Mittelalter schon beworben. Selbst Film- und Musicalproduzenten haben sich schon nach dem dann entstehenden Drehort erkundigt.