Gericht verurteilt Ex-Beschäftigten der Domsingknaben

Chor will Urteil nicht bewerten

Unter anderen wegen Kindesmissbrauchs ist ein einstiger Mitarbeiter der Augsburger Domsingknaben zu fast zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Chor reagiert zurückhaltend. Der Verurteilte zeigte Reue.

 © Happy Lenses (shutterstock)

Ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung und 2.000 Euro Schmerzensgeld - so lautet das Urteil im Prozess gegen einen früheren Mitarbeiter der Augsburger Domsingknaben.

Das Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Augsburg sprach den 26-Jährigen am Donnerstag schuldig des sexuellen Kindesmissbrauchs in einem Fall, in neun Fällen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen sowie des Besitzes kinderpornografischer Inhalte. Das Schmerzensgeld muss er an den Missbrauchsbetroffenen zahlen.

Deal mit Staatsanwalt und Verteidiger

Zu dem Urteil kam es nach einem sogenannten Deal mit Staatsanwalt und Verteidiger. Es ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte hatte alle Vorwürfe eingeräumt.

Die Taten fanden zwischen August 2017 und September 2020 statt. So lud der nun Verurteilte den Angaben zufolge einen 13-Jährigen, den er vom Chor kannte, zu sich nach Hause ein. Als der Junge schlief, rieb er sich an ihm wie zum Geschlechtsverkehr, wie es hieß. Außerdem fotografierte und filmte der Mann heimlich männliche Kinder und Jugendliche in Duschen und Toiletten der Domsingknaben sowie auf deren Reisen. Die Aufnahmen speicherte er auf diversen Geräten.

Symbolbild Notenblatt und Stift / © Minerva Studio (shutterstock)
Symbolbild Notenblatt und Stift / © Minerva Studio ( shutterstock )

Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg hatte im Januar 2024 Anklage erhoben. Das bei ihr angesiedelte "Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet" (ZKI) war durch einen Hinweis aus dem Ausland auf den Mann aufmerksam geworden.

Ermittelt wurde ab 2020 gegen ihn. Im selben Jahr verließ der Mann, der bei den Domsingknaben im Management tätig und früher auch Sänger war, den Chor auf eigenen Wunsch. 

Therapie und Geständnis

Zu seiner Entscheidung sagte der Richter, der Verurteilte habe großes Vertrauen zerstört, noch dazu von heranwachsenden Menschen, die zu ihm aufgeschaut hätten und die er damit in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gestört habe. Das sei sehr schlimm.

Zugleich würdigte der Richter die laufende Therapie und das Geständnis des Mannes. "Es wäre für die Geschädigten sehr belastend gewesen, hätten sie hier auftreten müssen, das haben Sie ihnen erspart."

Der Ex-Domsingknaben-Mitarbeiter hatte sich zuvor reuig gezeigt: "Was ich getan habe, tut mir unglaublich und aufrichtig leid. Ich bitte euch aufs Tiefste um Vergebung und hoffe, dass ihr irgendwann Frieden finden könnt", sagte er an die rund 20 Domsingknaben-Vertreter im Gerichtssaal gewandt.

Chor will Urteil nicht bewerten

Der kaufmännische Geschäftsführer des Chores, Leonhard Fitz, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Die Ermittlungen und nun das Urteil sind für uns ein elementarer Baustein der Aufarbeitung." Bewerten wolle er das Urteil ebenso wenig wie das Auftreten des Täters.

"Es braucht Zeit zum Einordnen und Verarbeiten." Fitz dankte den Sängern und Eltern, die dem Chor die Treue hielten. Es habe keine Austritte wegen des Skandals gegeben, die Anmeldezahlen seien konstant. Fitz betonte: "In der Prävention und im offenen Umgang mit dem Thema werden wir nicht nachlassen." Man setze etwa auf Selbststärkungskurse.

Blick auf den Augsburger Dom / © Christopher Beschnitt (KNA)
Blick auf den Augsburger Dom / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Die Domsingknaben hatten im Mai 2023 erklärt, seit Oktober 2022 von dem Fall gewusst zu haben. Damals seien die Ermittler auf die Einrichtung zugegangen. Die Ermittler bescheinigten dem Chor, sie "tatkräftig unterstützt" zu haben, ihre Mitarbeit habe der Aufklärung "essenziell" gedient.

Die Domsingknaben sind eine Einrichtung des katholischen Bistums Augsburg. Ihre Geschichte reicht nach eigenen Angaben bis ins Mittelalter zurück. Sie zählen sich zu den renommiertesten Knabenchören weltweit.

Quelle:
KNA