Gericht weist Klage eines muslimischen Schülers zurück

Beten verboten

Der Berliner Gymnasiast Yunus M. darf seinen muslimischen Gebetsteppich künftig nicht mehr in der Schule ausrollen - weder in dem ihm eigens dafür zugewiesenen Raum, noch auf dem Flur. So entschied es am Donnerstag das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Der 16-jährige Schüler des Diesterweg-Gymnasiums im Stadtteil Wedding hatte gegen die Ablehnung seines Anliegens durch die Schule geklagt. Während das Verwaltungsgericht ihm im vergangenen September in erster Instanz das Recht zugesprochen hatte, sein Mittagsgebet nach Tradition des Islam auch an der Schule abzuhalten, folgte das OVG nun der Argumentation der Schule und der Berliner Senatsbildungsverwaltung.

Die Begründung des 3. Senats war kurz und bündig: Die Vorsitzende Richterin Hildegard Fitzner-Steinmann erklärte, in dem Fall stehe das Recht des Klägers auf Religionsausübung dem Recht der anderen Schüler auf Glaubensfreiheit gegenüber. Die Schule habe in dem Fall glaubhaft nachweisen können, dass der Schulfriede durch den demonstrativen Charakter des muslimischen Gebets gefährdet gewesen sei.

Da es an dem Gymnasium Schüler aus 29 Herkunftsländern mit verschiedener religiöser Zugehörigkeit gebe, könnten sich Konflikte verstärken, wenn weitere Jungen und Mädchen das Recht auf Verrichtung ihres Gebets einforderten, argumentierte die Richterin. Zudem habe das OVG Zweifel daran, dass der Kläger die Verpflichtung zum Mittagsgebet immer ernst nehme.

Probleme mit unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten
Yunus M. hatte während der Verhandlung verschiedene Gründe angeführt, warum er - wie Schulleiterin Brigitte Burchardt angeführt hatte - den ihm zugewiesenen Gebetsraum nur sporadisch und seit Mitte Februar gar nicht mehr genutzt habe. So hätten Lehrer den erforderlichen Schlüssel nicht gehabt oder Aufsichtspflichten den Raum nicht öffnen können. Burchardt wies dies mit dem Hinweis zurück, dass die Lehrer Generalschlüssel hätten.

Eindringlich verwies die Schulleiterin zugleich auf Probleme, die sich bereits jetzt aus den unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten ihrer Schüler ergäben. So diskriminierten muslimische Schüler Mädchen ihres Glaubens, wenn sie kein Kopftuch trügen. Wenn der Klage von Yunus M. stattgegeben würde, drohten eine Segregation der Schüler und weitere Konflikte, warnte sie. Ihr lägen bereits Anträge weiterer Schüler auf Gebetserlaubnis vor.

Anders als der Erlanger Islamwissenschaftler Mathias Rode, den das Verwaltungsgericht mit einem Gutachten beauftragt hatte, kam der vom Senat eingeschaltete Göttinger Islamwissenschaftler Tilman Nagel zum Ergebnis, dass der Islam eine Zusammenlegung von Gebetszeiten gestatte. Yunus M. sei es zuzumuten, sein Mittags- und Nachmittagsgebet zu kombinieren.

Berufung ungewiss
In der Urteilsbegründung führte das Gericht auch den organisatorischen Aufwand an. Für eine Gleichbehandlung aller Schüler müsse eine Schule, an der viele Religionen vertreten seien, Vorkehrungen treffen, die nicht leistbar seien.

Ob der Kläger nun eine Revision anstrebt, ist noch ungewiss. Er war zur Urteilsverkündung nicht erschienen. Während Senat und Schule es mit Erleichterung aufnahmen, zeigten sich die Kirchen überrascht. Er erkenne die organisatorischen Schwierigkeiten der Schule an, sagte der Sprecher des Erzbistums Berlin, Stefan Förner, in einer ersten Reaktion. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass das Beten verboten werde. Die Sprecherin der evangelischen Landeskirche, Heike Krohn, erklärte, die Frage von Gebetsräumen sei eine Angelegenheit der Schule, die von dieser organisatorisch gelöst werden müsse.