Gerüchte um Freigabe der lateinischen Messe

Rückkehr zum alten Ritus?

 (DR)

Unruhe nicht nur im Vatikan - denn die Gerüchteküche kocht. Es heißt: bald würde ein Schreiben veröffentlicht, das die Feier der Tridentinische Messe, des sogenannten alten Ritus wieder frei gibt. Papst Benedikt XVI. hatte sich am Donnerstag vergangener Woche mit den vatikanischen Kurienkardinälen zu einer "Kabinettssitzung" getroffen. Thema war unter anderem eine mögliche Aufwertung der lateinischen Messe nach vorkonziliarem Ritus. Angaben zu dem Ergebnis der zwei Stunden dauernden Beratungen wurden nicht gemacht.

Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde die jahrhundertelang geübte Form des lateinischen Gottesdienstes im tridentinischen Ritus in den 1960er Jahren durch eine modernere Gestaltung und den Gebrauch der Muttersprache abgelöst. Der alte, tridentinische Ritus von 1962, bei der der Priester mit dem Rücken zur Gemeinde steht, wird von Rom nur noch in Ausnahmen genehmigt. Traditionalistische Gruppen fordern eine Rückkehr zur "tridentinischen" Messe.

Deutsche Bischofskonferenz lehnt Erleichterungen ab
Bischöfe aus Deutschland , Frankreich und Belgien sprachen sich gegen eine Freigabe des alten Ritus aus. Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Jean-Pierre Ricard, sagte zu den Gerüchten: "Es dürfe keine Religion a la Carte geben. Um der Einheit der Kirche willen, sei es nötig, die Vielfalt der Kirche zu regulieren". Das wurde als Plädoyer gegen die Freigabeder alten Messe verstanden.

Vor weiteren Erleichterungen für die lateinische Messe nach dem alten Ritus hält Kardinal Karl Lehmann eine gründliche Situationsanalyse für nötig. Offensichtlich seien "viele Motive mit im Spiel", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Lehmann verwies auf eine Umfrage, wonach in Deutschland das Bedürfnis nach tridentinischen Gottesdiensten "kaum gestiegen" sei.

Interesse in Deutschland gering
Bei ihrer Herbstvollversammlung veröffentlichten die deutschen Bischöfe das Ergebnis einer Umfrage zu tridentinischen Messfeiern. Die Zahl der Orte und Kirchen sei durchweg gering, gleiches gelte für die Zahl der Teilnehmer. Ein wachsendes Interesse könne nicht festgestellt werden. Nur ganz wenigen Leuten gehe es um die angeblich schönere "Ästhetik" der alten Liturgie, so der Kardinal. Auch wenn dies bestritten werde, spielten nicht selten "andere Gründe eine Rolle" - beispielsweise, dass "gar die Gültigkeit der erneuerten Messe mehr oder weniger deutlich in Frage gestellt" werde. Die Bischöfe fänden kaum mehr Priester, "die fähig und bereit sind, die Messe im alten Ritus zu lesen". Dies erkläre sich schon durch das Alter.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz sagte, bei der Analyse entsprechender Unterschriftenlisten sei gelegentlich festzustellen, dass sich etwa Kinder für die Tridentinische Messe stark machten: "Es unterschreiben sehr alte Leute, wieder andere unterschreiben mehrfach oder wohnen gar nicht im jeweiligen Bistum."

Gegenbewegung
Während der Vorbereitungen zum Zweiten Vatikanischen Konzil entstand eine Gegenbewegung, aus der sich später traditionalistische Gruppen formierten. Bekannt wurde vor allem die 1970 unter Erzbischof  Marcel Lefebvre  gegründete Priesterbruderschaft St. Pius X., die den heutigen Römischen Ritus ablehnt und Messen ausschließlich gemäß dem Tridentinischen Ritus feiert. Die Katholische Kirche beurteilt das Verhalten von verschiedenen Mitgliedern der Piusbruderschaft als schismatisch. Sie hat die Priester der Bruderschaft suspendiert und ihnen somit verboten, Messen zu feiern und Sakramente zu spenden.