Über das Thema wird immer wieder gerne diskutiert: Ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden, egal, ob arm oder reich, ob alt oder jung. Politische Fürsprecher hat die Idee bisher eher wenige. Gegner sprechen sogar von einer "Faulheitsprämie". Nun soll in einem Langzeit-Pilotprojekt mit 122 Teilnehmern genauer untersucht werden, was es mit Menschen macht, wenn sie drei Jahre lang ein solches Einkommen in Höhe von 1200 Euro im Monat bekommen.
Am 1. Juni gab der Verein "Mein Grundeinkommen" gemeinsam mit Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern den Startschuss für die Auszahlung des Geldes. Die 122 Teilnehmer waren zuvor aus rund 2 Millionen Bewerbern in einem langen Prozess ausgewählt worden. Einige haben gar nicht glauben wollen, dass sie dabei seien, sagte Mitinitiator Michael Bohmeyer vom Verein "Mein Grundeinkommen" in Berlin.
Die Wissenschaftler wollen in den kommenden drei Jahren durch regelmäßige Befragungen der Teilnehmer herausfinden, wie sich ihr Alltag durch das Extra-Geld verändert. Versteuert werden muss es nicht. Abgefragt werden zum Beispiel Daten zur Erwerbstätigkeit, zu Arbeitszeit, Überstunden und sozialen Kontakten. Die Menschen sollen außerdem regelmäßig beantworten, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind, wie groß ihr Vertrauen in Mitmenschen und Staat ist oder wie viel Zeit sie für ehrenamtliches Engagement aufwenden. Zur Analyse des Stresslevels sollen auch Haarproben ausgewertet werden. Zudem werden knapp 1400 Personen aus dem ursprünglichen Bewerberfeld als Vergleichsgruppe befragt.
In der nun begonnenen Langzeitstudie soll nach Angaben der Organisatoren weltweit erstmals untersucht werden, wie sich ein bedingungsloses Grundeinkommen auf das Leben von Menschen der "Mittelschicht" auswirken könnte. Ausgewählt wurden daher 21- bis 40-Jährige, die nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind und ungefähr soviel verdienen, wie ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland.
Finanziert wird auch dieses Projekt aus privaten Spenden. Ein staatliches Grundeinkommen, für das es bisher keine politischen Mehrheiten gibt, wäre nach Bohmeyers Vorstellungen steuerfinanziert: Jeder bekäme das Geld, ob reich oder arm. Einkommensmillionäre zum Beispiel würden aber mehr Steuern zahlen, als sie Grundeinkommen erhalten. Es gehe um eine Umverteilung von oben nach unten.
(Quelle: dpa, 01.06.2021)