Gesellschaft für bedrohte Völker will diskriminierten christlichen Flüchtlingen helfen

Angegriffene Freiheit

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat einen Notruf für diskriminierte Flüchtlinge in Deutschland eingerichtet. Per Mail können sich die Betroffenen melden, die GfbV will den Hinweisen nachgehen, so Referent Kamal Sido bei domradio.de.

Flüchtlingsunterkunft in Hamburg / © Bockwoldt (dpa)
Flüchtlingsunterkunft in Hamburg / © Bockwoldt ( dpa )

domradio.de: Was genau müssen einige christliche Flüchtlinge in den Unterkünften denn erleben?

Kamal Sido (Nahost-Referent, Gesellschaft für bedrohte Völker): Die Flüchtlinge kommen aus Syrien, aber auch aus dem Irak nach Deutschland. Viele sind vor dem Islamischen Staat oder anderen radikalislamischen Gruppen. Christen und Jesiden haben auch einen Genozid und Massenvertreibungen erlebt. Sie kommen nach Deutschland und erleben zum Beispiel Folgendes: Auf dem Hof eines Asylbewerberheims wird eine Jesidin aufgefordert, ein Kopftuch zu tragen. Der Auffordernde ist ein Moslem, ein Sunnit, und geht davon aus, dass alle, die aus dem Irak oder Syrien kommen, Muslime sind und Kopftücher tragen müssen. Oder freitags, wenn Männer nicht in die Gebetsräume der Camps gehen, die für die Muslime eingerichtet wurden. Sie werden gefragt, warum sie nicht beim Gebet anwesend waren. 

Das ist schon eine offene Diskriminierung für jemanden, der aus Syrien oder dem Irak vor dem Islamischen Staat geflohen ist, hier in Deutschland aufgefordert zu werden, in die Moschee zu gehen, zu beten, Kopftücher zu tragen. Sie fühlen sich in ihrer Freiheit angegriffen, weil sie denken, dass sie die Scharia hinter sich gelassen hätten.

domradio.de: Diese Menschen können sich bei Ihnen melden. Sie haben einen Notruf eingerichtet. Wie genau funktioniert der?

Sido: Die Menschen können uns in verschiedenen Sprachen schreiben. Wir gehen dann auf die Mails ein, analysieren sie. Wir wollen die Muslime nicht pauschal  verurteilen - ich selbst bin Moslem, Sunnit - sondern wir wollen diesen Hinweisen nachgehen und den Menschen, die geflohen sind, das Gefühl geben, dass sie hier sicher sind. Das gilt übrigens nicht nur für Christen und Jesiden, sondern auch für muslimische Minderheiten, wenn sie diskrimieniert werden.

Das Interview führte Verena Tröster.

Flüchtlinge, die sich aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Volkszugehörigkeit von anderen Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften bedrängt fühlen, können sich per Email unter help@gfbv.de an die Gesellschaft für bedrohte Völker wenden.

 


Quelle:
DR