Zahlreiche Krisen und ein Hoffnungsschimmer in Afrika

Gewalt nimmt vor allem im Westen weiter zu

Auch aufgrund von Terroranschlägen sind in Afrika Millionen Menschen auf der Flucht. Vor allem im Sahel und am Tschadsee gab es 2020 eine neue Welle der Gewalt. Regierungen helfen nicht, die Konflikte zu befrieden.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Flüchtlinge aus Afrika in Europa / © Cristian Gennari (KNA)
Flüchtlinge aus Afrika in Europa / © Cristian Gennari ( KNA )

Nigeria hat an den Weihnachtstagen einmal mehr für Negativschlagzeilen gesorgt. An Heiligabend wie am Ersten Weihnachtstag gab es im Nordosten in mehreren Dörfern schwere Angriffe; fast 20 Menschen kamen ums Leben. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Terrormiliz Boko Haram die Taten begangen hat.

Dass die Gewalt wieder zunimmt, hatte sich schon in den Wochen zuvor abgezeichnet. Boko Haram entführte mehr als 400 Schüler, die eine staatliche sowie eine Koranschule im Bundesstaat Katsina besuchen, und ermordete Ende November im Landkreis mindestens 110 Menschen. Die meisten Opfer waren Reisfarmer und arbeiteten gerade auf dem Feld.

Die Vereinten Nationen bezeichneten den Angriff als "brutalsten direkten Angriff auf Zivilisten" im gesamten Jahr 2020.

Gewalt bewaffneter Banden

Zugenommen hat auch Gewalt durch bewaffnete Banden. Die US-Denkfabrik Council on Foreign Relations (CFR) nannte Entführungen bereits vor Monaten einen "wachsenden Geschäftszweig". Jüngstes Opfer ist der Weihbischof im Bistum Owerri, Moses Chikwe (53), der am Sonntag mit seinem Fahrer entführt wurde.

Betroffen sind längst auch die Sahelstaaten, in denen verschiedene regionale und internationale Terrorgruppierungen operieren. Das Sicherheitsberatungsunternehmen Maplecroft mit Sitz im englischen Bath verwies mit ihrem Terrorismusindex Mitte Dezember darauf, dass Burkina Faso und Mali mittlerweile ebenso riskante Standorte seien wie Syrien, Afghanistan und Somalia.

Auch 2021, so die Prognose, wird es den Regierungen schwerfallen, umfassende Strategien zur Terrorbekämpfung umzusetzen. Dabei sind gerade in Mali viele internationale Missionen vor Ort, auch mit Beteiligung der Bundeswehr. Am Montag starben laut Radio France Internationale (RFI) drei französische Soldaten durch einen Sprengsatz in der Region Hombori.

Weitere Krisen rückten 2020 stärker in den Fokus. Terroristen, die vermutlich dem "Islamischen Staat" angehören, destabilisieren seit Jahren den Norden Mosambiks. Im November wurden dort mehr als 50 Personen aus verschiedenen Dörfern auf einem Fußballplatz hingerichtet. Nach Informationen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind mehr als eine halbe Million Menschen auf der Flucht.

Ein weiterer Konflikt spitzt sich in der Region Tigray in Äthiopien zu. Die dort regierende Volksbefreiungsfront TPLF fordert mehr Autonomie von der Regierung von Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed.

Dieser wirft der TPLF indes vor, für einen bewaffneten Aufstand verantwortlich zu sein. Laut UN-Angaben haben bei Luftangriffen mittlerweile Hunderte Zivilisten ihr Leben verloren.

Es gibt Hoffnungsschimmer

Zwei Hoffnungsschimmer gibt es aber: die Afrikanische Freihandelszone AfCFTA, die Anfang 2021 an den Start gehen soll; und das Ausbleiben der düsteren Corona-Prognose, die die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Afrika (UNECA) Mitte April gestellt hatte. Sie sprach damals von mindestens 300.000 Covid-19-Toten auf dem Kontinent und von knapp 30 Millionen Menschen, die in Armut gedrängt werden dürften.

John Nkengasong, Direktor des afrikanischen Zentrums für Seuchenkontrolle (CDC) mit Sitz in Addis Abeba warnte Mitte Dezember zwar vor der zweiten Welle zu Weihnachten und Jahreswechsel. Auch hat Südafrika als erstes Land auf dem Kontinent mehr als eine Million bestätigte Fälle. Der Kontinent, so Nkengasong, sei aber besser vorbereitet als noch vor elf Monaten.

Im Vergleich zur restlichen Welt sind die Zahlen mit knapp 2,7 Millionen positiven Tests weiter niedrig. Warum, ist bis heute nicht gesichert. Einerseits wird weniger getestet; in ländlichen Regionen fehlen dafür die Möglichkeiten. Zudem ist die Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von 20 Jahren jung.

Die Parasitologin Maria Yazdanbakhsh von der niederländischen Universität Leiden ging in einem Beitrag im Deutschlandfunk auch von einem besser trainierten Immunsystem aus. Doch es gibt noch eine weitere Erklärung: Regierungen haben schnell reagiert, Flughäfen und Ländergrenzen dicht gemacht und Pflichtquarantänen eingeführt. Bis heute funktioniert etwa in Westafrika keine Reise ohne negativen Corona-Test.


Quelle:
KNA