Nach Eklat wendet sich SPD in NRW an die Kirchenbeauftragten

"Gottloses Volk"

Die SPD in NRW fühlt sich vom politischen Gegner CDU verletzt - und wendet sich deshalb an die Kirchen. Der Unfriede rankt sich ausgerechnet um die Weihnachtsandacht im Landesparlament.

Autor/in:
Johannes Nitschmann
Plenarsaal im Düsseldorfer Landtag / © Marius Becker (dpa)
Plenarsaal im Düsseldorfer Landtag / © Marius Becker ( dpa )

Ein Eklat im Familienausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags kurz vor Weihnachten erregt auch im neuen Jahr die politischen Gemüter. Ein Abgeordneter der CDU-Regierungsfraktion soll die Sozialdemokraten als "gottloses Volk" beschimpft haben.

Hintergrund ist die ökumenische Weihnachtsandacht im Landesparlament. Die SPD soll darauf gedrungen haben, parallel dazu eine Ausschusssitzung anzusetzen. Dort wollte die Partei unbedingt noch vor dem Jahreswechsel über ein kostenloses Ticket für Kinder und Jugendliche im öffentlichen Nahverkehr in NRW abstimmen lassen. 

CDU-Parlamentarier wie die Abgeordnete Margret Voßeler-Deppe fühlten sich deshalb offenbar genötigt, den Gottesdienst vorzeitig zu verlassen.

Hitzige Wortgefechte nach ökumenischer Andacht 

In der Sitzung des Familienausschusses kam es dann nach Teilnehmerberichten zu hitzigen Wortgefechten wegen der Überschneidung mit der ökumenischen Andacht. Der Gütersloher CDU-Abgeordnete Raphael Tigges soll in Richtung Sozialdemokraten "gottloses Volk" gerufen haben.

Dr. Dennis Maelzer (SPD) (privat)
Dr. Dennis Maelzer (SPD) / ( privat )

Daraufhin wandte sich der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagfraktion, Dennis Maelzer, an die Beauftragten der katholischen und evangelischen Kirche bei Landtag und Landesregierung. 

"Dieser verletzende Vorwurf der CDU hat zahlreiche unserer Mitglieder und auch mich selbst stark getroffen", schrieb Maelzer an die Kirchenvertreter. 

In der SPD gebe es Menschen unterschiedlichen Glaubens und natürlich auch Konfessionslose. Vielen Sozialdemokraten sei das Ausüben von Funktionen in kirchlichen Gremien "eine Herzensangelegenheit".

Katholisches Büro gibt Rückendeckung

Inzwischen haben das katholische und evangelische Büro auf Maelzers Vorstoß reagiert. "Ich versichere Ihnen, dass ich keinen Zweifel an der Verwurzelung im Glauben und an der Verbundenheit mit den Kirchen bei Ihnen und vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion habe", schreibt der Leiter des Katholischen Büros, Antonius Hamers.

Gemeinsam mit den Bischöfen wisse er die Zusammenarbeit und den Austausch mit der SPD-Landtagsfraktion zu schätzen. "Respekt" äußert der Leiter des katholischen Büros "vor der Geschichte der Sozialdemokratie und vor den Opfern, die Frauen und Männer Ihrer Partei seit deren Gründung für die Würde jedes Menschen, für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie gebracht" hätten. 

Hamers hatte noch am Dienstagabend auf einem Empfang des Katholischen Büros zum Auftakt der neuen Sitzungsperiode die Abgeordneten aller Fraktionen zu einem fairen und respektvollen Umgang miteinander aufgerufen.

"Von gegenseitiger Wertschätzung geprägt"

Rückendeckung erhält die SPD-Landtagsfraktion auch aus der evangelischen Kirche. Kirchenrechtsrätin Hedda Weber bedauert, dass ausgerechnet die Weihnachtsandacht zu einer Auseinandersetzung im Familienausschuss des Landesparlaments geführt habe. 

"Die evangelischen Kirchen sind weit davon entfernt, Ihnen oder vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion eine Verwurzelung im christlichen Glauben oder eine Verbundenheit mit den Kirchen abzusprechen", schreibt Weber an Maelzer. 

Die Spitzen der Landeskirchen schätzten den Austausch mit der SPD-Fraktion sehr. "Unser täglicher Umgang miteinander ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt."

"Entschuldigung steht noch aus"

Die CDU hat sich bisher zu den Vorgängen im Familienausschuss nicht öffentlich geäußert. Am morgigen Donnerstag sehen sich die Mitglieder dieses Gremiums nach dem Eklat um die Weihnachtsandacht erstmals wieder. Die Sozialdemokraten verlangen von der CDU "eine Entschuldigung oder Richtigstellung", wie Maelzer erklärt. "Das steht noch aus."

Quelle:
KNA