Das kirchliche Hilfswerk Misereor hält eine künftige Bedrohung von Christen in Syrien für nicht ausgeschlossen. "Es hängt alles davon ab, welche Kräfte der Anti-Assad-Koalition in Zukunft die Oberhand behalten", sagte die Syrien-Referentin von Misereor, Karin Bräuer, am Montag in Aachen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Derzeit sei es noch zu früh für Prognosen.
Misereor-Partner in Aleppo, das die islamistischen Rebellen unter Führung der HTS-Miliz vor rund einer Woche erobert hatten, berichteten, die Lage sei bisher ruhig. Es herrsche derzeit eine Mischung aus Erleichterung und "großer Unsicherheit", beschrieb die Expertin die Situation unter den syrischen Christen. "Die meisten sind froh, dass Assads brutaler Überwachungsstaat überwunden ist, und hoffen auf bessere Lebensbedingungen und den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes."
Angst vor Grabenkämpfen
Wenn allerdings Parteienkämpfe zwischen den Milizen ausbrächen, die am Wochenende die Hauptstadt Damaskus eingenommen und damit die Diktatur des geflohenen Machthabers Baschar al-Assad beendet hatten, "dann kann es furchtbar werden", so Bräuer. Dann bestehe sehr wohl die Gefahr von Lynchjustiz gegen einstige Anhänger des Regimes und Übergriffe auf Minderheiten wie die Christen.
Viele von ihnen fragten sich, ob man den Versprechungen der islamistischen Rebellenführung trauen könne, die Rechte der Minderheiten in Syrien zu respektieren. "Die Islamisten sind erst einmal eine große Unbekannte."