Griechisch-katholische Kirche der Ukraine wählt neues Oberhaupt

Stabwechsel in Krisenzeiten

Der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine steht ein Stabwechsel in schwierigen Zeiten bevor. Nach dem Rücktritt des charismatischen Kiewer Kardinals Lubomyr Husar muss die größte katholische Ostkirche ein neues Oberhaupt wählen. Husars Nachfolger steht vor einer kniffligen Herausforderung, denn Staatspräsident Viktor Janukowitsch boykottiert die Kirche praktisch.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

Seit seiner Amtseinführung vor einem Jahr ist Janukowitsch nicht zu einem Gespräch mit den Unierten bereit. Am 21. März soll eine Bischofssynode nun im westukrainischen Lviv wählen. Das gab der eingesetzte Administrator, Erzbischof Ihor Vozniak von Lviv, in dieser Woche in Kiew bekannt. Der Synode gehören alle 50 Bischöfe an. Das Statut verlangt eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Nur wenn diese drei Tage lang kein Kandidat erzielt, reicht am vierten Tag eine absolute Mehrheit. Papst Benedikt XVI. muss die Wahl des Oberhaupts lediglich bestätigen.



Ukrainische Kommentatoren sehen Vozniak leicht favorisiert. Nach Ansicht des Apostolischen Exarchen für die katholischen Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien, Bischof Petro Kryk, ist eine Prognose des Ausgangs jedoch schwierig. "Es gibt circa 40 Kandidaten, die alle Favoriten sind", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur.



Testfall für historisch stark belastete Beziehungen

Der charismatische Husar, Großerzbischof von Kiew-Halyc, war im Januar 2001 auf Lebenszeit zum Kirchenoberhaupt gewählt worden. Vergangene Woche legte er das Amt aus Gesundheitsgründen nieder; Benedikt XVI. hat dessen drei Jahre altem Rücktrittsgesuch stattgegeben. Husar selbst schlug keinen Nachfolger vor. Er habe volles Vertrauen in die Bischofssynode, betonte er. Das habe ihm auch den Rücktritt leichter gemacht.



Ein Testfall für die historisch stark belasteten Beziehungen zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats wird die Amtseinführung des neuen unierten Kirchenoberhaupts. Sie soll in der erst im Rohbau fertiggestellten Kiewer Kathedrale erfolgen. Als Husar den Hauptsitz der Kirche 2005 aus ihrer Hochburg Lviv im Westen des Landes in die Hauptstadt Kiew verlegte, protestierte das Moskauer Patriarchat scharf. Bis heute leisten die Orthodoxen erbitterten Widerstand gegen den Aufbau der griechisch-katholischen Kirchenstrukturen im Osten des Landes, das sie als ihr kanonisches Territorium ansehen.



Janukowitsch will Patriarchat schwächen

Eine ganz einseitige Position bezieht Staatspräsident Viktor Janukowitsch im Streit zwischen den ukrainischen Konfessionen. Bei seiner Inauguration vor einem Jahr ließ er sich nur vom Moskauer Patriarchen Kyrill I. segnen. Seither traf sich das Staatsoberhaupt nicht ein einziges Mal mit den geistlichen Führern der anderen großen Konfessionen des Landes. Damit will er vor allem das von Weltorthodoxie nicht anerkannten Kiewer Patriarchat schwächen.



Bischof Kryk warf Janukowitsch vor, Angst vor der griechisch-katholischen Kirche zu haben. Denn die Kirche unterstehe "nicht seiner Herrschaft" und verschweige auch berechtigte Kritik nicht. "Auch die Gestalt von Kardinal Husar, der im gesamten Land großes Ansehen genossen hat und weiterhin genießt, ist für seine Autokratiebestrebungen hinderlich", erklärte er. Angesichts der konfessionellen Spannungen steht Husars Nachfolger allemal vor einer schwierigen Mission.