DOMRADIO.DE: Es werden auch wieder größere Trauergemeinden zugelassen. Wie erleichtert sind Sie über die Lockerung?
Eva-Maria Will (Trauerexpertin im Erzbistum Köln): Ich bin schon sehr froh, dass es jetzt diese Lockerungen gibt, denn das war ja für die Angehörigen und die Hinterbliebenen eine sehr schmerzliche Situation, dass sie zum großen Teil nicht an einer Beerdigung eines nahen Angehörigen teilnehmen durften.
Das Ministerium Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen, das dafür zuständig ist, hat am 21. April eine neue Regelung im Rahmen der Corona-Schutzbestimmungen erlassen. Demnach gibt es keine Teilnahmebeschränkung bei Bestattungen mehr.
Seit Mitte März bestand diese Ausnahmeregelung, dass nur Angehörige der direkten Linie an einer Beerdigung teilnehmen durften, also Eltern und Kinder, aber schon Geschwister und auch Enkelkinder nicht, geschweige denn die weitere Verwandtschaft, Freunde und Bekannte.
DOMRADIO.DE: Wie sind die Menschen mit diesen großen Einschränkungen umgegangen? Was haben Sie für Erfahrungen gemacht?
Will: In so einem kleinsten Kreise einen Menschen zu beerdigen, ist schon ein ganz merkwürdiges Gefühl, wenn hinter dem Sarg nur zwei oder drei Personen hinterhergehen. Die Angehörigen haben versucht, einen kreativen Weg zu finden, wie sie damit umgehen. Zum Beispiel haben manche dafür gesorgt, dass die Beerdigung in den Kreis der Familie hinein gestreamt wird.
Da haben Bestatter ihre Angebotspalette auch erweitert. Man muss sich vorstellen, dass die Feier lediglich am Grab stattfand und auch stattfindet - bei jedem Wetter, nur im Stehen und mit dem Abstandsregelungen.
DOMRADIO.DE: Sagen manche Familien: Wir möchten das noch mal im größeren Kreis nachholen?
Will: Ja, und die Kommunen hatten auch angeboten, dass man die Beerdigung aufschiebt. Das haben aber dann viele doch nicht gemacht, weil sie gemerkt haben, dass es wichtig ist, sozusagen zeitnah die Beerdigung zu feiern und auch eine Trauerfeier stattfinden zu lassen, weil ja sonst quasi eine offene Wunde gewesen wäre: Der Angehörige ist tot, aber der Körper oder die Asche noch nicht unter der Erde. Das gehört einfach dazu, damit man den Tod auch begreifen kann. Deswegen wurden dann doch diese Trauerfeiern in kleinstem Kreise zeitnah durchgeführt.
Aber man konnte zum Beispiel in Todesanzeigen dann auch lesen: "Wir holen das in einem größeren Kreise nach, damit auch diejenigen, die sich ausgeschlossen fühlen, teilnehmen können".
Um die Trauerfeier nachzuholen, bietet sich zum Beispiel der Geburtstag des Verstorbenen an, zu dem man die Angehörigen und Freunde einlädt. Oder auch ganz klassisch: der erste Todestag, das Jahrgedächtnis. Ich könnte mir vorstellen, dass die gemeinsamen Gedenktage wie Allerseelen und Allerheiligen noch einmal ein ganz anderes Gewicht bekommen werden.
Das Interview führte Verena Tröster.