Großkanzler der Malteser sieht Machtkampf im Vatikan

"Indirekter Angriff auf den Papst"

Der von Papst Franziskus wiedereingesetzte Großkanzler des Malteser-Ritterordens, Albrecht von Boeselager, macht einen ordensinternen Machtkampf für seine zwischenzeitliche Entlassung verantwortlich.

Papst Franziskus empfängt Vertreter des Malteserordens / © Riccardo Musacchio (KNA)
Papst Franziskus empfängt Vertreter des Malteserordens / © Riccardo Musacchio ( KNA )

Im Hintergrund stünden auch Kräfte in Opposition zu Franziskus, die eine Aufweichung der kirchlichen Lehre zu Ehe und Familie befürchteten und seine Aussagen zur Wirtschaftsordnung und Verteilung des Reichtums ablehnten, sagte von Boeselager im Interview der Zeitung "Die Welt" (Samstag). Die Malteser seien "in eine Auseinandersetzung hineingeraten, bei der es nicht um uns geht".

Der inzwischen zurückgetretene Malteser-Großmeister Matthew Festing hatte Boeselager im Dezember vom Amt des Großkanzlers enthoben. Dies hatte zu einem schweren Konflikt zwischen Festing und dem Vatikan geführt. Der Großmeister warf dem Deutschen vor, die Verteilung von Kondomen durch eine Partnerorganisation in Myanmar 2013 nicht gestoppt zu haben.

Boeselager wies die Vorwürfe zurück und rief ein Ordensgericht gegen seine Amtsenthebung an. Als Papst Franziskus den Fall durch eine Kommission untersuchen ließ, verweigerte Festing öffentlich die Zusammenarbeit. Auf Druck des Papstes trat der Brite Ende Januar zurück. Boeselager wurde wieder in sein Amt eingesetzt. Am 29. April will der Orden einen neuen Großmeister wählen.

Entfremdung zwischen Großmeister und Ordensregierung

Es sei schon länger zu einer Entfremdung zwischen dem Großmeister auf der einen und der Regierung des Ordens auf der anderen Seite gekommen, beschreibt Boeselager in der "Welt" den Konflikt. Beim Generalkapitel 2014 sei eine Ordensregierung gewählt worden, die Festing nicht behagte. Der Freiherr berichtete, er sei "die Figur, die für den Großmeister am schwersten verdaulich" gewesen sei.

Von Boeselager macht den US-Kardinal Raymond Burke, "Kardinalpatron" des Ordens, für die Eskalation verantwortlich. Burke selbst habe vor wenigen Tagen in einem Interview nochmals wiederholt, dass jemand, der eine hohe Funktion in der Kirche habe und die Verteilung von Kondomen toleriere, sein Amt verlassen müsse. Von Boeselager bezeichnete dies als einen weiteren indirekten Angriff auf Franziskus. Burke stelle den Papst damit als jemanden dar, der "jemanden schützt, der Kondome verteilt".

Opposition gegen den Papst

Der Freiherr macht eine vielschichtige Opposition gegen den Papst aus. Es gebe etwa in Amerika eine "sehr machtvolle, sehr konservative Bewegung, auch in Verbindung mit den evangelikalen Kirchen und der Wirtschaft, wo sehr viel Geld steckt", sagte er. "Denen passen die Äußerungen des Heiligen Vaters zur Wirtschaft natürlich nicht." Sie seien "sehr gut in der Lage, sich auch im Vatikan Gehör zu verschaffen".

Reformbedarf im Malteserorden

Angesichts des Konflikts sieht von Boeselager Reformbedarf im Malteserorden. Es brauche eine größere Bindung zwischen Großmeister und Regierung, um ähnliche Krisen künftig vermeiden zu können. Auch müsse über die sogenannten Professritter nachgedacht werden, die zölibatär leben und den Orden führen. "Diese Berufung spüren immer weniger", so der Freiherr. Es gebe noch knapp 60 Professritter von insgesamt 13.500 Ordensrittern; viele davon seien alt. Nicht vorstellen kann sich von Boeselager zwar, dass der künftige Großmeister nicht mehr aus diesem Kreis kommt. Es sei aber diskutabel, ob er auch weiter aus "dem traditionellen Adel stammen und ob er auf Lebenszeit gewählt werden muss".


Albrecht von Boeselager  / © JHS (DR)
Albrecht von Boeselager / © JHS ( DR )
Quelle:
KNA , epd