Guttenberg eilt bei seinem Antrittsbesuch im Laufschritt durch die USA und setzt sich in Szene

Posieren am Times Square

Krise sieht anders aus: Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg steht auf dem Times Square in New York, breitet seine Arme einladend aus und zeigt sein breitestes Lächeln. Hinter ihm leuchten bunte Werbetafeln, vor ihm helle Kamerablitze. Die großen Themen von Guttenbergs Reise sind eigentlich die Wirtschaftskrise und die Rettung von Opel. Hier freuen sich die Fotografen aber vor allem über die Pose.

Autor/in:
Christiane Jacke
 (DR)

Irgendwann bleiben auch amerikanische Passanten stehen und zücken ihre Foto-Handys. «Someone famous - Irgendeinen Berühmten» meinen sie vor der Kamera zu haben. Ganz falsch liegen sie damit nicht. Guttenberg hat es in kürzester Zeit zum bekannten Kabinettsmitglied gebracht, nach nur einem Monat im Amt. Nun ist er zu seinem Antrittsbesuch in den USA und setzt sich auch hier mächtig in Szene.

An seinem ersten Abend in New York sitzt Guttenberg im schicken University Club in Manhattan. Auf dem Boden liegen schwere Teppiche und auf den Tischen feines Silberbesteck, die Wände sind mit Holz vertäfelt, die Kellner tragen weiße Sakkos. Beim Drei-Gänge-Menü diskutieren deutsche und amerikanische Unternehmer und Bankiers über die Konjunktur. Eine kurze Ansprache in Englisch macht Guttenberg keine Probleme - die freie Rede auch nicht. Er sei froh, an diesem Abend «nicht über Autos zu reden», sagt er. Opel ist in diesem Moment weit weg.

Die Zeitverschiebung macht dem Minister nicht zu schaffen. Während andere Mitglieder aus seiner Delegation schon mit dem Gähnen kämpfen, hört Guttenberg auch um 2.00 Uhr nachts deutscher Zeit den übrigen Rednern aufmerksam zu und macht sich höflich Notizen.

Guttenberg kennt New York - New York kennt Guttenberg (noch) nicht
Anschließend lässt er sich um das nächtliche Foto am Times Square nicht lange bitten. Bevor seine Mitarbeiter darauf eingestellt sind, ist er schon losmarschiert. Die «paar Blocks» legt er zu Fuß zurück - ohne Mantel, mit einer Hand in der Hosentasche und einem Dutzend Journalisten im Schlepptau. Guttenberg kennt New York. Er hat eine Weile dort gearbeitet - für das Unternehmen seiner Familie und als Anwalt. Auf dem Weg zum Times Square gibt er Tipps, wo die besten Bars sind. Und auf dem Rückweg lässt er sich noch zu einem Foto mit einem Kebap-Verkäufer hinreißen - alles im Laufschritt.

Noch haben sich nicht alle Mitarbeiter an das neue Tempo im Ministerium gewöhnt. Manch einer wirkt durch Guttenbergs abendliche Aktion irritiert. Gewohnt sind sie es nicht - Fotos im nächtlichen Manhattan sind mit Guttenbergs Vorgänger Michael Glos (CSU) schwer vorstellbar.

Am nächsten Morgen ist bei Guttenberg keine Müdigkeit erkennbar. Im Halbstunden-Takt trifft er die Chefs mehrerer US-Banken in New York und berichtet dem mitreisenden Presse-Tross zwischendurch über die Gespräche. Fast 40 Journalisten wollen bedient werden.

Dann geht es weiter nach Washington. Der Minister trifft die Spitze von General Motors, um über die Rettung der deutschen Tochter Opel zu sprechen. Als er das Treffen am späten Abend hinter sich hat, wirkt er ein wenig genervt und berichtet von einem anstrengenden Gespräch mit «deutlicher Wortwahl». Zu Zugeständnissen ist GM bei der Opel-Rettung bereit, einen Durchbruch gibt es noch nicht. Zum ersten Mal holt Guttenberg hier ein bisschen die Müdigkeit ein. Das sieht schon mehr nach Krise aus.