Haftbefehl nach Mord an zwei Jesuiten in Moskau

Verunglimpft und verleumdet

Wegen des Verdachts an dem Mord an zwei Jesuiten hat ein Moskauer Gericht Haftbefehl gegen einen 38-Jährigen erlassen. Der Mann, der bereits am Donnerstag festgenommen wurde, hat die Tat laut Polizeiangaben gestanden. Die Jesuiten beklagen derweil eine Kampagne gegen die Opfer und die katholische Kirche in Russland.

 (DR)

Die Deutsche Provinz der Jesuiten wies die Ergebnisse der russischen Ermittlungsbehörden entschieden zurück, es handele sich bei dem Täter um einen mehrfach vorbestraften Sexualverbrecher, der im homosexuellen Prostitutionsmilieu tätig sei und Kontakt mit einem der Opfer gehabt habe. Provinzial Stefan Dartmann erklärte am Montag in München, bezüglich des Tathergangs bestünden nach wie vor «viele Ungereimtheiten und Widersprüche». Erschwerend komme hinzu, dass der einzige bekannte Zeuge der Tat der mutmaßliche Mörder selbst sei.

Dieser soll Ende Oktober zunächst in alkoholisiertem Zustand den aus Ecuador stammenden Victor Betancourt-Ruiz (42) und später den Wolgadeutschen Otto Messmer (47) in deren Moskauer Wohnung erschlagen haben. Betancourt-Ruiz war Theologieprofessor, Messmer leitete die Jesuitengemeinschaft in Russland. Als Motiv für den Mord an Betancourt-Ruiz nannte der Verdächtige laut Polizei einen Streit.
Nach dem Verbrechen harrte er eigenen Aussagen zufolge am Tatort aus. Tags darauf habe er auch Messmer getötet, als dieser in die Wohnung zurückkehrte, weil er ihn als Zeugen der ersten Tat fürchtete.

Opfer verunglimpft
Die deutsche Ordensprovinz kritisierte, die russischen Behörden hätten bereits vor Ergreifen des Tatverdächtigen eine Pressekampagne begünstigt, die die Jesuiten und die katholische Kirche verleumde und verunglimpfe. Die Umstände der Morde entsprächen vielmehr «einem bekannten Strickmuster» der vergangenen Jahre. Dazu gehöre unter anderem, «Prostituierte gezielt auf engagierte Katholiken anzusetzen, um ihnen eine Nähe zum Rotlichtmilieu anzuhängen», so der Provinzial. Wie die Berichte in der russischen Presse zeigten, sei dies «auch in früheren Fällen offensichtlich gelungen».

Im Falle der beiden ermordeten Jesuiten werde «gezielt mit homophoben Klischees und Vorurteilen operiert, die Homosexualität mit sexuellen Monstrositäten gleichsetzen», so Dartmann. Offenbar hoffe man darauf, dass diese Gleichsetzung zu einer Distanzierung von den Opfern führe. Die Ermordeten seien «in lauterer Gesinnung» in Russland tätig gewesen, betonte der Jesuit, und weiter: «Wir werden nicht zulassen, dass ein unsägliches Gebräu aus Anspielungen, widersprüchlichen Recherche-Ergebnissen und Spiel mit Ängsten das Lebenszeugnis unserer Mitbrüder verdunkelt.»

Spitzenvertreter der katholischen Kirche in Deutschland hatten am Donnerstag eine Mahnwache vor der russischen Botschaft in Berlin gehalten. Sie forderten eine lückenlose Aufklärung der Morde. Unter den rund 200 Demonstranten waren der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, sowie der Leiter des Katholischen Büros, Karl Jüsten, der die Kirche in der Bundespolitik vertritt. Die russisch-orthodoxe Kirche kondolierte der katholischen Kirche in Russland.