Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte feiert Jubiläum

25 Jahre Gastfreundschaft

Ein Jahr lang können politisch verfolgte Journalisten, Anwälte und Fotografen aus aller Welt in Hamburg sicher leben, um sich von ihrem Kampf für Freiheit und Menschenrechte zu erholen. Die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte vergibt dafür pro Jahr fünf Stipendien.

Autor/in:
Thomas Morell
 (DR)

Am Montag feiert sie ihr 25-jähriges Bestehen. Prominenter Gast ist Carla del Ponte, ehemalige Chefanklägerin beim Internationalen Strafgerichtshof. Vorsitzender der bundesweit einmaligen Stiftung ist satzungsgemäß Hamburgs Erster Bürgermeister. Insgesamt wurden 130 Menschen aus Lateinamerika, den ehemaligen Sowjetstaaten und Fernost seit 1986 in der Hansestadt aufgenommen.



Eine von ihnen ist die Fernsehjournalistin Muazzamkhan Zainabidinova (30) aus Kirgistan, die sich für die usbekische Minderheit einsetzt. Nach den gewaltsamen Zusammenstößen der beiden Volksgruppen im Juli 2010 wurde sie von Kirgisen bedroht und ihr Haus in Brand gesetzt. Mit ihrem Mann und den beiden Kindern lebt sie derzeit in einer möblierten Wohnung in der City und sucht Kontakte zu deutschen Journalisten.



Jedes Jahr rund 150.000 Euro Spenden nötig

Die Initiative für die Stiftungsgründung ging 1986 vom damaligen Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) aus, dessen Vater als NS-Widerstandskämpfer hingerichtet worden war. Wenn aufrechte Menschen in einer Diktatur ihr Land verlassen müssen, so die Begründung des Alt-Bürgermeisters, dürfe die Sorge um den täglichen Lebensunterhalt ihre politische Arbeit nicht überlagern. Die Stiftung solle dafür "eine kleine Hilfe" sein.



Später hat die Stadt der Stiftung eine Million Euro als Stiftungskapital bereitgestellt. Außerdem wird sie mit 100.000 Euro pro Jahr unterstützt. Doch um die Arbeit fortzuführen, muss Geschäftsführerin Martina Bäurle jedes Jahr rund 150.000 Euro an Spenden sammeln. Dabei sucht sie vor allem das persönliche Gespräch mit Menschen, die sich für die Menschenrechte engagieren.



Bäurle ist seit 20 Jahren Kopf und Herz der Stiftung. Die 49-Jährige betreut die Gäste bei ihrer Ankunft und ist intensiv mit anderen Menschenrechtsgruppen vernetzt. Sie recherchiert auch politisch Verfolgte, die sich gewaltfrei für Demokratie und Freiheit engagieren. Die Entscheidung über die Stipendien trifft der siebenköpfige Vorstand. Von zwölf Vorschlägen können in der Regel nur fünf Stipendiaten angenommen werden. Bäurle: "Da fühlt man sich jedes Mal unwohl." Trotz der Nähe zum Senat hat sie Versuche einer politischen Einflussnahme noch nie erlebt.



Die Gäste wollen fast immer zurück

Die Gäste nutzen die Zeit, um per Internet ihre Kontakte auszubauen, führen Gespräche mit Journalisten und Politikern oder schreiben Bücher. Aktueller Gast ist auch Lloyd Himaambo (38), Journalist aus Sambia. Als Herausgeber der Internetzeitung "Zambian Watchdog" berichtete er unter anderem über Korruption im Land. Als er die Willkür in einem Mordprozess anprangerte, ließ die Justiz ihn zur Fahndung ausschreiben. Auch der kritische Radiojournalist Abdumali Bobaev (42) kann sich in Hamburg auf die politische Arbeit in seinem Heimatland Usbekistan vorbereiten.



Die Radiomoderatorin Maria Isabel Gámez (28) aus El Salvador gehört zu den Gästen, die auch künftig in Hamburg bleiben, weil ihr Leben in ihrer Heimat akut bedroht ist. Politisches Asyl wurde ihr umgehend gewährt. Doch ihr Fall ist eine Ausnahme. Trotz akuter Bedrohung wollten die Gäste fast immer wieder zurückkehren, weiß Bäurle. Das Stipendium in Hamburg habe sie aus der Anonymität geholt und diese Öffentlichkeit schütze sie in der Regel auch in ihrem Land.