In den vergangenen Wochen verging kein Tag, an dem Hans Zollner nicht mit mehreren Interviews oder Statements in Medien präsent war. Alle wenden sich an den kühl-sachlichen Niederbayern, um zu erfahren, was vom Anti-Missbrauchsgipfel zu erwarten sei. In Absprache mit der vatikanischen Kommunikationsbehörde soll der 52-jährige Jesuit das Medieninteresse steuern helfen. Dafür hat ihn Franziskus zum Sprecher der Vorbereitungsgruppe für das weltweite Bischofstreffen zu Missbrauch und Kinderschutz ernannt.
Immer wieder meldet sich der vielsprachige Psychologe und Theologe über Twitter aus aller Welt. Zwischen Neuseeland und Norwegen, Papua-Neuguinea und Polen informiert er über den Umgang mit und die Prävention von Missbrauch. Als Präsident des 2012 gegründeten Kinderschutzzentrums an der Papst-Uni Gregoriana verabschiedete er vergangene Woche noch 16 Absolventen eines Fortbildungskurses.
Zollner, der Spezialist für Prävention
Als Ziele des Gipfeltreffens nennt Zollner: Die Teilnehmer sollten "nicht nur mit dem Kopf verstehen, sondern auch im Herzen berührt werden", um "Kinderschutz auf der Agenda kirchlicher Aktivitäten oben anzusiedeln". Zudem hofft er auf "konkrete Entscheidungen zur Rechenschaftspflicht von Bischöfen". Im Übrigen sei das Treffen nur eine - wenn auch wichtige - Etappe auf einem Weg, der teils seit 35 Jahren gegangen werde, aber noch lange nicht zu Ende sei.
Ist Zollner eher der Spezialist für Prävention, so ist Maltas Erzbischof Charles Scicluna der Mann für die Aufklärung begangener Taten. Nachdem der päpstliche Sonderermittler im Frühjahr 2018 aus Chile zurückkommend seinem Auftraggeber 2.300 Seiten über ein ganzes System von Missbrauch auf den Tisch legte, musste auch Franziskus bekennen, dass er das Problem bislang ungenügend bis falsch eingeschätzt hatte.
Scicluna als Experte an der Kurie
Von 2002 bis 2012 war Scicluna an der Glaubenskongregation, anfangs noch unter Kardinal Joseph Ratzinger, für Ermittlungen in Sachen Missbrauch zuständig und maßgeblich an der Formulierung allgemeiner Richtlinien beteiligt. Weil Franziskus ihn weiter als Experten an der Kurie haben will, stellte er Scicluna, seit Herbst 2014 Bischof in Malta, dort zur Entlastung einen Weihbischof an die Seite.
Im November wurde der 59-Jährige zum beigeordneten Sekretär der Glaubenskongregation ernannt. Dass er gleichzeitig jenem Gremium angehört, das über Einsprüche gegen Entscheide der Kongregation befinden soll, bringt ihn in gewisse Interessenkonflikte.
Jesuiten Federico Lombardi mit Moderation betraut
Mit der heiklen Aufgabe, das Treffen von knapp 150 Bischöfen sowie etlicher Ordensoberen und -oberinnen zu moderieren - einschließlich der Testimonials von Missbrauchsopfern -, hat der Papst den Jesuiten Federico Lombardi betraut - weshalb der 76-Jährige bereits im Dezember feststellte: "Mitunter besteht die Illusion, das Problem (des Missbrauchs) sei vor allem 'westlich', 'amerikanisch' oder 'anglophon'. Mit unglaublicher Naivität meinen manche, in ihrem eigenen Land sei dies nur ein Randproblem."
Lombardi war Pressesprecher von Benedikt XVI. und bis August 2016 auch von Franziskus, daneben Generaldirektor von Radio Vatikan. Auch verfügt er über nationale wie internationale Leitungserfahrungen in seinem Orden. Mit solcher institutioneller Erfahrung warnt Lombardi vor "der Tendenz, sich selbst oder die Institution Kirche zu schützen, indem man schwierige, unbequeme Situationen meidet und die Wahrheit kleinredet oder gar verschweigt."
US-Kardinal Blase Cupich, ein treuer Gefolgsmann von Franziskus
Eine weiterer wichtiger Gipfel-Helfer ist der US-Kardinal Blase Cupich (69), im gespaltenen US-Episkopat ein treuer Gefolgsmann von Franziskus. In den USA gibt es die größten Erwartungen an das Gipfeltreffen - und auch Kritik an Franziskus. Dort haben der Fall McCarrick, die Vorwürfe von Ex-Nuntius Carlo Maria Vigano und der Bericht einer Grand Jury über Missbrauch in Pennsylvania für viel Empörung gesorgt.
Dass der Vatikan im November die US-Bischöfe daran hinderte, mit eigenen Maßnahmen vorzupreschen, steigerte den Frust dort und die Erwartungen an das Treffen in Rom. Cupich versuchte, die Wogen zu glätten: "Frustration ist ein Luxus, den ich mir nicht leisten kann", so der Erzbischof von Chicago; er wolle "einen Weg nach vorn anbieten". Wie Zollner, Scicluna und Bombays Kardinal Oswald Gracias (74) gehört er zum Vorbereitungskomitee des Gipfels. Wie der künftige Weg aussehen sollte, muss er nun mit unter Beweis stellen.