Der Einsatz für das Klima eint Vatikan und UN-Organisationen

Heilige Allianz für den Regenwald

Die Amazonas-Synode rückt Ökologie und Nachhaltigkeit ins Blickfeld. Dafür bekommt die katholische Kirche seltenes Lob von UN-Einrichtungen. Internen Kritikern des Papstes ist diese Weltzugewandtheit ein Dorn im Auge.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
Amazonasgebiet (shutterstock)

Anfang Oktober beginnt im Vatikan die Amazonas-Synode - neben seelsorglichen Fragen stehen die Rechte indigener Völker, Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung auf der Agenda. Auf das Bischofstreffen verwies Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, Chefdiplomat des Heiligen Stuhls, als er diese Woche bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York für den Schutz der grünen Lungen des Planeten warb. Die katholische Kirche und die UN streiten neuerdings gemeinsam für die Rettung der Welt.

Es steht viel auf dem Spiel. Mit einer Ausdehnung größer als die EU sind die Amazonaswälder unverzichtbar bei der Regulierung des Weltklimas, beim Wasserkreislauf und als CO2-Speicher. Seit den 1970ern hat der Regenwald ein Fünftel seiner Fläche verloren; Experten fürchten, dass das Ökosystem bald an einen Punkt kommt, an dem der Schwund selbst mit einem Abholzungsstopp nicht mehr aufzuhalten ist.

Synode lege zu wenig Gewicht auf Glaubensverkündigung

Um die Entwicklung noch zu drehen, ist UN-Organisationen daher auch der Vatikan als Bündnispartner willkommen. "Mit 1,3 Milliarden Mitgliedern ist die katholische Kirche eine Stimme, die weltweit gehört und respektiert wird", sagt Margarita Astralaga, Direktorin für Umwelt-, Klima- und Genderfragen beim Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) in Rom. Astralaga sieht das Potenzial der Kirche darin, dass sie "oft perfekt mit den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung übereinstimmt" und dass sie als Bildungskanal sowie moralischer Kompass für ihre Gläubigen dienen kann.

Genau die Moral ist ein heikler Punkt. Zwar rührt der aktuelle Entwicklungsdiskurs nicht an familienpolitische Themen, die in der Vergangenheit für Uneinigkeit zwischen der Kirche und internationalen Organisationen sorgten; aber manchen Kritikern legt die Synode zu wenig Gewicht auf die Glaubensverkündigung. Kardinal Raymond Leo Burke rief zu einem "Fasten- und Gebetskreuzzug" auf, unter anderem wegen vermeintlicher Häresien bei der Rede von "ganzheitlicher Ökologie".

Bischöfe diskutieren über Förderung landwirtschaftlicher Familienprojekte

Diese nimmt unter dem Titel "Ganzheitliche Ökologie: Der Schrei der Erde und der Armen" den zweiten und zentralen Teil des Arbeitsdokuments der Synode ein. Es geht um Themen wie Rohstoffabbau durch Großkonzerne und Abholzung, um die Bedrohung indigener Völker und Landraub. Die Bischöfe wollen über Alternativen zu Neokolonialismus und Zwangsmigration diskutieren, einschließlich "öko-solidarische Märkte", fairen Konsum und die Förderung landwirtschaftlicher Familienprojekte.

Betont wird weiter - gegen eine rigide Auffassung von Naturschutz - das Recht der Einheimischen, eigene Prioritäten für den Entwicklungsprozess festzulegen. Hier beruft sich das Vatikan-Dokument auf ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, einer Sondereinrichtung der UN.

"Die Kirche kann Einfluss auf die Zivilgesellschaft nehmen"

Das ökologische Gleichgewicht der Amazonasregion schützen, der lokalen Bevölkerung ein Auskommen ermöglichen und die negativen Folgen einer Agrarindustrie verhindern - diesen Ansatz verfolgt auch die Welternährungsorganisation FAO.

Aus Sicht von Hivy Ortiz Chour vom Lateinamerika-Büro der FAO in Santiago de Chile können allerdings die Regierungen allein die Wirtschaft nicht entsprechend steuern. "Märkte und Verbraucher spielen eine Rolle dabei. Die Kirche kann Einfluss auf die Zivilgesellschaft nehmen", so Ortiz.

Raum des Austauschs neben der Synode

Das Verständnis des Menschen als "Hüter der Natur" sei verloren gegangen, sagt die Expertin. "Wenn Umweltthemen in kirchlichen Äußerungen durchgängig präsent werden, hat das eine einen Effekt auf die Weise der Produktion und des Konsums." Gerade auf lokaler Ebene gelte noch das Wort der Kirche. Die Papst-Enzyklika "Laudato si", die um Ökologie und Gemeinwohl kreist, sollte "bei der Zusammenarbeit mit Regierungen Teil der Agenda sei", meint Ortiz.

Brückenschläge zwischen Kirche und Zivilgesellschaft soll es am Rande der Synode auch in einem offenen Raum des Austauschs geben. Unter dem Titel "Amazonia - casa comun" wollen in Vatikannähe Akteure von Orden, Basisgemeinden, Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen ins Gespräch kommen. Was die Ausstellungen, Workshops und Dialogrunden mit dem Auftrag der Kirche zu tun haben, erschließt sich nicht jedem. Ein katholischer Blogger bemängelte nach der Vorstellung des Projekts, er habe kein einziges Mal das Wort "Jesus" oder "Evangelisierung" gehört.


Quelle:
KNA