domradio.de: Was genau soll denn jetzt restauriert werden?
Georg Röwekamp (Repräsentant des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande): An die Stelle des Felsengrabes ist die Kapelle errichtet worden, die den ursprünglichen Aufbau mit der eigentlichen Grabkammer nachahmt, wo auf einer Bank der Leichnam lag. Dieser Nachbau beziehungsweise Neubau, der den Mittelpunkt dieser großen Rotunde der konstantinischen Grabeskirche bildet, der muss wegen Baufälligkeit renoviert werden.
domradio.de: Bei solch einem bedeutenden Heiligtum sollte man meinen, es würde ständig überwacht und renoviert. Aber dieser Restaurationsfall wird ja jetzt beinahe schon Jahrhunderte vor sich hingeschoben. Warum ist das so kompliziert?
Röwekamp: Zum einen ist es kompliziert, weil dieses Grab natürlich Tag und Nacht Ziel von Pilgern ist. Man will natürlich sicherstellen, dass das Grab weiterhin besucht werden kann. Deswegen kann man nicht parallel zum Pilgerbetrieb renovieren. Darüber hinaus wird die Grabeskirche von verschiedenen konfessionellen Gruppen betreut. Viele erinnern sich bei ihrem Besuch an der Grabeskirche an den Streit der Konfessionen. Für mich ist es immer ein Zeichen, dass sie von diesem gemeinsamen Ursprung nicht los kommen. Darum muss auch zwischen den Konfessionen verhandelt werden, damit die Rechte aller Konfessionen an den Gottesdiensten bewahrt bleiben. Das ist glücklicherweise jetzt erreicht worden.
domradio.de: Es ist von geheimen Gesprächen zwischen dem griechisch-orthodoxen Patriarch von Jerusalem, dem armenischen Patriarch und einem Repräsentanten der katholischen Kirche die Rede. Worauf führen Sie zurück, dass man sich da schließlich geeinigt hat?
Röwekamp: Es musste etwas passieren. Das Gleiche gab es vor Jahren schon mit der Kuppel über dem Grab. Da hat man sich auch nach langen Gesprächen geeinigt. Alle befürchten immer, die andere Konfession könnte vielleicht den Einfluss im Rahmen dieser Renovierungsarbeiten erweitern. Jetzt ist die Not so groß, dass die Renovierung erfolgen muss. Schon vor Jahren ist ein Stahlgerüst in der Grabkapelle angebracht worden, um das Auseinanderfallen zu verhindern. Das ist auf Dauer kein Zustand.
domradio.de: Die Renovierung soll ca. 3 Mio. Euro kosten und es tritt ein Geldgeber auf, den man so nicht erwartet hätte, nämlich Jordanien, welche Rolle spielt dieses Land?
Röwekamp: Das hängt damit zusammen, dass die Altstadt von Jerusalem und damit auch das Gebiet der Grabeskirche bis 1967 unter jordanischer Verwaltung stand. An diese Geschichte, die auch völkerrechtlich noch nicht endgültig gelöst ist, möchte Jordanien erinnern. Sie wollen zeigen, dass sie einen gewissen Anspruch auf diesem Gebiet haben. Dass Jerusalem die eine ungeteilte und ewige Hauptstadt Israels ist, ist eine einseitige Erklärung des Staates Israel. Völkerrechtlich ist das noch nicht anerkannt. Die Kirche hat sowieso immer den Standpunkt vertreten, Jerusalem sollte international werden. Aber wie so oft in Jerusalem, spielt die Geschichte auch in sehr praktische und heutige Entscheidungen und Entwicklungen mit hinein.
domradio.de: Sie haben es erwähnt, das Projekt ist auch deshalb so heikel, weil es im laufenden Betrieb natürlich schwer zu realisieren ist. Nun stelle ich mir vor, ich bin gläubiger Christ, habe schon lange auf eine Reise ins Heilige Land gespart, freue mich auf einen Besuch in der Grabeskirche und plötzlich steht vor mir der Bauzaun. Wie will man diese Restauration denn genau umsetzen?
Röwekamp: Wie das wirklich im Laufe der länger anhaltenden Renovierungsarbeiten konkret sein wird, da bin ich selber noch ein bisschen gespannt. Tatsächlich ist es so, dass aufgrund der vielen Pilgerzahlen ohnehin nicht jeder Reisende bisher die Möglichkeit hatte, in das Grab hineinzukommen, weil oft die Zeit nicht bleibt, sich stundenlang in die Schlange zu stellen. Auf der anderen Seite ist es sowieso so eine Sache mit dieser heiligen Stätte. Das Entscheidende an dieser Grabkapelle ist, dass sie leer ist. Deswegen kommt es nicht darauf an, was es dort zu sehen gibt. Die Botschaft des Engels an der Grabkapelle war: "Er ist nicht hier". Das heißt, dass das Entscheidende eben nicht im Grab selbst festgehalten ist.
Das Gespräch führte Daniel Hauser.