Helmut Dieser wird als Bischof von Aachen eingeführt

Ein Bischof, der gut ansprechen kann

Helmut Dieser, bisher Weihbischof im Bistum Trier, ist neuer Bischof von Aachen. Domradio.de überträgt das Pontifikalamt zur Amtseinführung im Web-TV.

Helmut Dieser, künftiger Bischof von Aachen (Bistum Trier)
Helmut Dieser, künftiger Bischof von Aachen / ( Bistum Trier )

Beim Pontifikalamt zu seiner Einführung am Samstag im Aachener Dom rief er zu Einheit und Zuversicht auf. "Lasst uns gemeinsam Kirche sein, nicht abgehoben, nicht elitär oder verschroben, sondern füreinander, für unsere heutige Welt, für Gott."

An der Kirche müsse "synodal", also gemeinsam durch Kleriker und Laien, weiter gebaut werden, sagte Dieser in dem Gottesdienst vor rund 1.000 geladenen Gästen.

Nicht am Kirchen-Bashing beteiligen

Fehl am Platze seien dagegen ein "Masterplan" oder "Hauruck", führte er aus. Erst recht dürfe es keine Panik geben, "als ob wir die Kirche retten müssten", so der siebte Bischof von Deutschlands westlichstem Bistum. "Hören wir auf, mutlos zu klagen, dass die Kirche heute Verluste, Defizite oder Rückschläge erleidet", forderte er. "Beteiligen wir uns nicht auch noch selber am Kirchen-Bashing."

Weiter sagte Dieser, innere Orientierung sei gefragter denn je. Wem diese fehle, der werde "verführbar". Dann nutzten andere "die Gunst der Stunde, um mit Kalkül" klar zu machen, was nach ihrer Lesart dran sei, mahnte der promovierte Theologe. "Weh einer Gesellschaft, wenn sie nur von außen dirigiert, aber nicht von inneren Überzeugungen zusammen gehalten wird", so Dieser.

Mit Blick auf den Zustand der Europäischen Union sagte der neue Bischof der Europastadt Aachen: "Es geht weiter. Die Generationen vor uns haben etwas Großartiges begonnen, an uns ist es, daran weiter zu bauen."

20 Bischöfe anwesend

Unter den Gästen der Feier waren Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), der Vorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, Vertreter der Ökumene sowie 20 Bischöfe aus dem In- und Ausland. Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, übergab Dieser die Ernennungsurkunde von Papst Franziskus.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki als Metropolit der Rheinischen Kirchenprovinz führte Dieser in sein Amt ein. Dazu geleitete er ihn zum Bischofsstuhl, der "Kathedra", und reichte ihm den Bischofsstab. Nach der vom WDR-Fernsehen übertragenen Feier war ein Empfang im Krönungssaal des Aachener Rathauses geplant.

Per Handschlag begrüßt

Dass der neue Bischof von Aachen auf Menschen zugeht, wurde bei seinem Antrittbesuch in Aachen vor einigen Wochen deutlich: Jeden der anwesenden Journalisten begrüßte er persönlich mit Hand. Und das waren nicht gerade wenige an dem Tag. Der 54-jährige Helmut Dieser gilt als verbindlich, fröhlich und als einer, der zuhören kann.

Die Zukunft der Kirche ist für ihn ein wichtiges Thema und die Frage, wie man junge Menschen, die mitten im Leben stehen, für Kirche gewinnen kann. "Wir haben entweder Kinder oder Senioren. Dazwischen haben wir kaum was, das ist eine sehr ungesunde Situation", hat er einmal die Situation in der Kirche beschrieben. Ein weiteres zentrales Anliegen ist für ihn der Dialog mit der evangelischen Kirche.

"Verbindliche und fröhliche Art"

Kardinal Reinhard Marx bescheinigt ihm "theologische Weite" und eine "verbindliche und fröhliche Art". Auch die Freude am Karneval dürfte kein Nachteil sein für Aachens neuen Bischof Helmut Dieser. Schon bei seinem Antrittsbesuch Ende September ließ sich erahnen, dass der bisherige Trierer Weihbischof das Leben auch mal wider den tierischen Ernst betrachten kann.

An der Spitze eines Bistums zu stehen, müsse er erst noch lernen, sagt Dieser, der seit 2011 Weihbischof im rheinland-pfälzischen Nachbarbistum war. Und wie in Trier, wo im April die Bistumssynode zu Ende ging, wolle er in Aachen "das Synodale" pflegen, also die gemeinsamen Beratungen von Klerikern und Laien. Dabei gelte es, auf Zwischentöne zu hören und "Verkrustungen" in der Kirche anzugehen, betont der promovierte Theologe.

Junge Menschen erreichen

Er wünsche sich eine menschenfreundliche Kirche, die aus dem 2.000-jährigen Erbe schöpft, dabei aber herausarbeitet, was der Glaube unter heutigen Vorzeichen bedeute. "In dem Sinne bin ich konservativ, aber offen dafür, wie es heute gesagt werden kann und muss", so der neue Bischof, der ausdrücklich jüngere Menschen erreichen möchte.

Helmut Dieser wurde am 15. Mai 1962 in Neuwied bei Koblenz geboren. Er studierte in Trier und Tübingen Theologie und wurde am 8. Juli 1989 vom damaligen Bischof Hermann Josef Spital zum Priester geweiht. Nach der Kaplanszeit in Bad Neuenahr-Ahrweiler war er ab 1992 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Theologischen Fakultät Trier. 1998 wurde er mit seiner Dissertation "Der gottähnliche Mensch und die Gottlosigkeit der Sünde" zur Theologie von Hans Urs von Balthasar im Fach Dogmatik promoviert.

Ohne Allüren

Danach wurde er Pfarrer in mehreren Gemeinden und Dozent für Predigtlehre am Studienhaus Sankt Lambert in Lantershofen. Papst Benedikt XVI. ernannte Dieser 2011 zum Weihbischof in Trier, wo er am 5. Juni 2011 geweiht wurde. In der Bischofskonferenz ist er Mitglied der Glaubens- und der Pastoralkommission.

Dem Mann mit der Goldrandbrille eilt der Ruf eines unaufgeregten, zugewandten Seelsorgers ohne die Allüren eines Kirchenfürsten voraus. Dazu passt, dass er den Karneval schätzt, weil er mit seiner Fröhlichkeit Nähe zwischen den Menschen bringen könne. "Ich bin nicht der, der einen ganzen Saal unterhalten kann, bin kein Sitzungspräsident, aber ich bin gerne dabei", so der Geistliche mit dem verschmitzten Lächeln.

Ökumene stärken

Genau wie sein Vorgänger Heinrich Mussinghoff hält er die Ökumene für "ganz entscheidend". Es sei eine Frage der Glaubwürdigkeit, dass die Kirchen hier Klärungen zu weiteren konkreten Schritten finden müssten. Ebenso ist für Dieser der interreligiöse Dialog unerlässlich, um in einer globalisierten Welt ein Zusammenleben in Frieden zu ermöglichen.

Innerkirchlich nennt er den verstärkten Einsatz von Laien in der Seelsorge unverzichtbar und eine Bereicherung - nicht nur angesichts der geringer werdenden Zahl von Priestern. Zugleich bittet der siebte Bischof der 1930 neu gegründeten Diözese Aachen alle um ein Jahr Geduld.

Klare Stellung in Öffentlichkeit

Am vergangenen Donnerstag hat Dieser bereits seinen Treueeid gegenüber dem Staat geleistet, wie es für Diözesanbischöfe Pflicht ist. Bei dem Termin in der Düsseldorfer Staatskanzlei vor Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) beklagte er eine "erschreckende Verrohung" der gesellschaftlichen Debattenkultur.

Populismus, Abgrenzung und Abwertung breiteten sich gegenwärtig in Deutschland aus, die Aggressivität nicht nur in sozialen Medien steigere sich zum Hass gegen Flüchtlinge, Politiker, den Staat, die Gesellschaftsordnung, kritisierte Dieser. Darauf dürfe die Gesellschaft "nicht nur mit Ratlosigkeit" reagieren. Damit positionierte sich der neue Aachener Bischof als Kirchenmann, der in der Öffentlichkeit klar Stellung beziehen kann.

Das feierliche Pontifikalamt zur Amtseinführung von Bischof Dieser überträgt domradio.de ab 9.30 Uhr im Web-TV mit freundlicher Genehmigung des WDR.


Quelle:
dpa , KNA