Heße: Erzbistum muss 20 Millionen Euro pro Jahr sparen

"Es geht an die Substanz"

Veränderungen bahnen sich an im Erzbistum Hamburg. Erzbischof Stefan Heße hat deshalb mehr als 500 Katholiken zur Beratung in den Mariendom eingeladen. Es geht um Geld, Strukturen, aber auch die Beziehung zu Gott.

 (DR)

 

"Herr, erneuere Deine Kirche und fange bei mir an", singen die Menschen im vollbesetzten Hamburger Mariendom. "Herr, erneuere Deine Gemeinde, und fange bei mir an." Deutschlands flächenmäßig größtes Bistum, das katholische Erzbistum Hamburg, hatte am Samstag zu einem Tag der Erneuerung in seine Kathedrale geladen. Denn die Lage der 400.000 Katholiken in Hamburg, Schleswig-Holstein und im Landesteil Mecklenburg ist alles andere als rosig. Bis zum Jahr 2020 müssen sie jährlich 20 Millionen Euro Haushaltsmittel einsparen. "Es geht an die Substanz", sagt Erzbischof Stefan Heße.

Kirchensteuer ist Haupteinnahmequelle

Zwar würden die Mitgliederzahlen derzeit nicht sinken. Auch sorge die wirtschaftliche Lage momentan für gute Kirchensteuereinnahmen.

Derzeit werden nach Angaben der Erzdiözese 90 Prozent des Haushalts des Erzbistums durch die Kirchensteuer gedeckt. Nach dem letzten vorliegenden Finanzbericht lagen die Ausgaben 2014 bei rund 109 Millionen Euro. Bis 2050 werde es aufgrund der demografischen Entwicklung aber voraussichtlich 40 Prozent weniger Kirchenmitglieder geben, sagte Heße. Wolle die Diözese dann finanziellen Spielraum behalten, müsse sie mit Einschnitten von etwa 50 Prozent rechnen.

Dem Erzbistum geht das Geld aus

"Dem gegenüber steht aber eine riesige Zahl von Kirchen, Gemeindehäusern, Kindergärten, Bildungshäusern und Schulen, deren Unterhalt jedes Jahr viel Geld kostet", erläutert Heße. Dazu kämen jährlich steigende Personalkosten und Pensionsverpflichtungen.

"Entscheidungen der Vergangenheit binden uns heute". Nur durch Einsparungen bleibe den Katholiken in Norddeutschland noch Luft für Neues. Für 60 Prozent der anstehenden Investitionen fehle dem Erzbistum heute schon schlicht das Geld.

Finanznot ist nichts Neues

Die aus allen Teilen des Erzbistums nach Hamburg gekommenen Katholiken hatten mit schlechten Nachrichten zu Beginn des Zukunftstages durchaus gerechnet. "Dass die Finanzen eine Rolle spielen, steht außer Frage", sagt etwa Stephan Schulz aus Bützow in Mecklenburg. Zudem werden seit einigen Jahren die 214 Pfarreistandorte in insgesamt 28 Pastoralen Räumen zusammengefasst.

Vier dieser Pastoralen Räume sind bereits gegründet.

Christus hilft beim Sparen

Doch Heße macht auch klar, dass der geplante Erneuerungsprozess des Erzbistums vor allem ein geistlicher Prozess sein soll. "Ich bin der festen Überzeugung: Bei allen Veränderungen in der Kirche kommen wir nicht weiter, wenn wir hier oder da die Stellschrauben ein wenig nachjustieren", so der Erzbischof. "Vielmehr glaube ich: Nur wenn wir unsere Beziehung zu Christus immer wieder neu pflegen, können wir Kirche sein." Bei allen Strukturfragen müsse immer die Frage "Fördert das unsere Beziehung zu Christus?" im Mittelpunkt stehen.

"Wir können uns als Kirche nicht mit dem Kreisen um uns selbst begnügen", so Heße. "Kirche sind wir immer und zuerst für die Anderen."

Als sich die Teilnehmer des Zukunftstages in Arbeitsgruppen zurückziehen, wird daher im Mariendom gebetet: Eine eigene Gruppe widmet sich eine Stunde lang der eucharistischen Anbetung und bringt die Sorgen der Erzdiözese vor Gott, während in den Nachbargebäuden intensiv über Gemeindestrukturen, Finanzen oder die Zukunft von kirchlichen Kindertagesstätten und Schulen beraten wird.

Alle sind gefragt

Die Ergebnisse der Beratungen sind vielfältig. Eine Schließung defizitärer Einrichtungen wird ebenso vorgeschlagen wie die gemeinsame Nutzung von Gebäuden mit evangelischen Christen. Caritas-Einrichtungen sollten Doppelarbeit vermeiden und enger an die Gemeinden herangeführt werden, heißt es. Weniger Hauptamtliche solle es geben, auch im Generalvikariat. Und auch insgesamt sollte die Kirche "aufsuchender" und "barmherziger" werden, kommt als Ergebnis aus den Gruppen.

"Das sind viele mutige Ideen", lobt Heße, als ihm die Ergebnisse der Arbeitsgruppen vorgestellt werden. "Da liegt was in der Luft." Spontanen, donnernden Applaus spenden ihm die Zuhörer in der Kirche, als er sich für eine stärkere Einbindung von Jugendlichen ausspricht und dabei die Regel des Heiligen Benedikt zitierte. Die sieht bei Problemen im Kloster vor, nicht die ältesten, sondern die jüngsten Mönche um Rat zu fragen. "Und ich hoffe, dass wir bei den Entscheidungen zum Beispiel in den Gemeinden auch so mutig bleiben, wie wir es heute waren."

Mehr Infos per Hirtenwort

Heße kündigte für Sonntag (13.11.) ein Hirtenwort zur aktuellen Situation und dem Start des Erneuerungsprozesses an. Bereits seit dem Frühjahr hatten sich die Gremien der Erzdiözese mit der finanziellen Situation befasst. Sonderbeilagen der Kirchenzeitung hatten darüber informiert. Zudem werden derzeit die 214 Pfarreistandorte in 28 Pastoralen Räumen zusammengefasst. Vier dieser Pastoralen Räume sind bereits gegründet.