Die Freiwilligen könnten vor allem ihre Fachkenntnisse einbringen, was zu einer gelingenden Integration der meist aus Osteuropa kommenden und von Subunternehmern ausgebeuteten Menschen nötig ist, wie Kossen am Dienstag in Vechta erklärte.
Als Beispiele nannte der katholische Geistliche Sprachkurse, Behördenkontakte, die Wohnungs- und Ausbildungsplatzsuche sowie den Zugang zu Vereinen und Freizeitaktivitäten. All das benötigten die Arbeitsmigranten dringend, fänden aber fast nichts davon vor. Deshalb bitte er die Flüchtlingshelfer "darüber nachzudenken, ob sie auch dieser großen Personengruppe helfen können", sagte Kossen laut vorab verbreitetem Manuskript. Er wollte sich am Abend bei einer Veranstaltung des Landescaritasverbands für Oldenburg unter der Überschrift "Zur Situation von (EU-)Arbeitsmigranten im Oldenburger Land" äußern.
"Aktion Würde und Gerechtigkeit"
Der von ihm Anfang des Jahres gegründete Verein "Aktion Würde und Gerechtigkeit" strebe ein Netzwerk von Unterstützern vor Ort an, erläuterte Kossen. Hilfe für Arbeitsmigranten müsse überall möglich werden, wo sie arbeiteten und lebten. Dabei gehe es um die "Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit Betroffenen, um Hilfe in akuter Not". Kossen und seine Mitstreiter engagieren sich vor allem für den Zugang der Leiharbeiter zum Arbeitsrecht. So werden unter anderem Anträge bei Gericht für Beratungs- und Prozesskostenhilfe übersetzt und Menschen ohne Deutschkenntnisse bei der Antragstellung unterstützt.
Kossen geißelte erneut die Ausbeutungspraktiken in der Fleischindustrie. Menschen würden oft gezwungen, sechs Tage die Woche und zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Krankschreibungen nach Arbeitsunfällen führten zu sofortiger Kündigung. Die meisten hausten teils mit ihren Familien in "Rattenlöchern, die zu Wuchermieten mit Werkvertragsarbeitern vollgestopft sind". Selbst der Mindestlohn werde durch unbezahlte Überstunden, angebliche Vermittlungsgebühren oder Mieten für Werkzeug umgangen.
"Eine Gesellschaft, die solches zulässt, zerstört das Leben dieser Menschen und letztlich auch sich selbst", so Kossen. Wenn ihr die Solidarität und das Bewusstsein für die unveräußerliche Würde des Menschen verloren gehe, verliere sie ihre Kultur und damit "die Wurzeln, aus denen sie lebt".